Ruth Megary: 91 Jahre ohne Langeweile

Jeden Freitag erzählt ein bekannter Münchner in der AZ von seinem Wochenende. Heute ist das die Sängerin Ruth Megary.
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Je älter die Geige, desto besser ihr Klang - so das Motto von Ruth Megary. Beim Treffen im "Kinder von gestern" intoniert die Sängerin deshalb immer wieder ein paar Stücke - auch eines von Amy Winehouse.
Daniel von Loeper Je älter die Geige, desto besser ihr Klang - so das Motto von Ruth Megary. Beim Treffen im "Kinder von gestern" intoniert die Sängerin deshalb immer wieder ein paar Stücke - auch eines von Amy Winehouse.

Jeden Freitag erzählt ein bekannter Münchner in der AZ von seinem Wochenende. Heute ist das die Sängerin Ruth Megary.

München - Ich muss vielleicht vorausschicken: Ich bin jetzt 91 Jahre alt. Aber ich kann mich trotzdem für das Phänomen Internet be-geistern. Die heutige Generation wächst ja damit auf. Ich habe erst letztens einen kleinen Buben gesehen, vielleicht drei Jahre alt, der hat an seinem Schnuller genuckelt und dabei auf einem Ipad rumgewischt. Ich bin eher ein Kind des Radios, aber ich habe Zeit meines Lebens alle technischen Neuerungen mitgemacht. Und Internet – das hab' ich natürlich auch. Sogar bei Facebook bin ich mittlerweile.
 
Durch dieses ganze Vernetzen bekommt man einen ganz anderen Zugang zum Leben. Richtig mobil bin ich ja nicht mehr, mein Auto ist nach 20 Jahren nicht mehr durch den TÜV gekommen. Aber in der Stadt kann man eh nirgendwo parken. Ich habe in meinem Leben eine stattliche Sammlung schöner Strafzettel bekommen. Einen habe ich beim KVR mal abgesungen. Da bin ich rein und habe losgeträllert. Die waren ganz erschrocken, aber es hat geholfen. Für die 25 Euro bin ich dann mit einer Freundin essen gegangen. 
 
Ich bin dafür jetzt öfter im „Kinder von gestern“, einem Jugendzentrum für Senioren. Das hat auf Initiative von Abi Ofarim vor ein paar Wochen in der Schleißheimer Straße aufgemacht. Wer alt ist, hat ja oft niemanden mehr. Aber bei diesem ehrenamtlich getragenen Treff geht es jetzt rund, das Essen und Trinken ist gesponsert und man lernt ständig neue Leute kennen. Ich war schon oft da, ich hab's ja nicht weit, nur ein paar Minuten zu Fuß. Ich wohne auf 66 Quadratmetern in Schwabing, vierten Stock ohne Aufzug. Ich habe in meinem Leben sieben Mal den Nanga Parbat bestiegen, sage ich immer.
 
Hachja, Schwabing: Da bin ich auch aufgewachsen. Früher hat hier das ganze Künstlervolk gelebt, Maler, Dichter, Leute mit wenig Geld. Später dann die Bussi-Gesellschaft, die Schickeria, viele Aufschneider, nix dahinter. Ich war zu der Zeit allerdings fast immer unterwegs und habe Konzerte gegeben, von den Halligen bis zu den Alpen. Ich konnte zudem ein paar Fremdsprachen und war deshalb auch im Ausland willkommen – auch wenn man als deutsche Sängerin nach dem Zweiten Welt nicht überall so angesehen war. Aber die 40er und 50er Jahre, das waren nunmal meine musikalische Blütephase.
 
Ich werde auch immer wieder angehalten, mein Leben aufzuschreiben. Durch meinen Beruf bin ich eben an Orte gekommen, wo man nicht so leicht hinkommt. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Auftritt in Split, da hatte Tito die englische Marine eingeladen. Da habe ich das erste mal das Meer gesehen. Die Bühne kam hydraulisch rausgefahren, es spielte ein wunderbares Orchester – und es gab einen Rotwein, der hat einen sofort berauscht. Da war natürlich dann eine Bombenstimmung.
 
In München habe ich später auch die Gruberova kennengelernt, das war auch eine unfassbare Ehre. Ich erzähle solche Geschichten gerne bei meinem Stammtisch im Valentin-Stüberl am Isartor. Leider lichten sich die Reihen da auch so langsam, aber das gehört eben auch zu meinem Leben dazu.
 
Ich habe meine Karriere nach 50 Jahren nun mittlerweile auch offiziell beendet – auch wenn mein Leitmotiv eigentlich ist: Je älter die Geige, desto besser der Klang. Aber ich habe ja auch noch ein paar Jahre, das weiß ich. Ich habe gute Gene, meine Mutter ist auch 95 Jahre alt geworden. Und beim Singen muss man ja auch sehr auf die Atemtechnik achten, ich denke, das trägt sehr zur Gesundheit bei. Zudem habe ich ja Internet, das hält im Kopf jung. Ich habe mich in meinem ganzen lagen Leben jedenfalls nie gelangweilt, mir war noch keine Sekunde fad – und das soll auch in Zukunft so bleiben.
 
Protokoll: Florian Zick
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