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Russischer Staatsterror? Angeklagter verweigert Aussage zu Prozessbeginn

Ein Russe soll im Auftrag der tschetschenischen Regierung den Mord an einem in Deutschland lebenden Oppositionellen geplant haben. Jetzt ist der Fall in München vor Gericht. Der Angeklagte schweigt zum Prozessauftakt.
von  AZ/dpa
Der Angeklagte wird von der Polizei in den Gerichtssaal geführt.
Der Angeklagte wird von der Polizei in den Gerichtssaal geführt. © Peter Kneffel/dpa

München - Im Prozess um einen mutmaßlich geplanten Auftragsmord an einem tschetschenischen Regime-Kritiker hat der Angeklagte Valid D. am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München die Aussage verweigert.

Der Angeklagte ist russischer Staatsbürger und soll die Tat laut Bundesanwaltschaft im Auftrag eines Cousins des Putin-treuen tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow vorbereitet haben. Er wurde jedoch vor der ursprünglich für Ende 2020 geplanten Tat festgenommen.

Kadyrow ist seit 2007 Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien und wird mit den Morden an mehreren Kritikern in Verbindung gebracht.

Angeklagter soll haltautomatische Schusswaffe besessen haben

Der Angeklagte soll mit dem Mord an dem Bruder eines im schwedischen Exil lebenden bekannten Kadyrow-Gegners beauftragt worden sein. Er soll außerdem eine halbautomatische Schusswaffe mit Schalldämpfer für die in Schwabmünchen bei Augsburg geplante Tat besessen haben.

Der in Schwerin ansässige Angeklagte sitzt in München in Haft. Ihm werden die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffengesetz vorgeworfen. Zudem lautet die Anklage auf "Sichbereiterklärens zu einem Mord im staatlichen Auftrag." Der Prozess soll in einer Woche fortgesetzt werden.

Prozess in München: Parallelen zum Berliner "Tiergarten-Mord"

Der Fall erinnert an den "Tiergarten-Mord" in Berlin. Wegen der Erschießung eines Georgiers im August 2019 in der Parkanlage Kleiner Tiergarten war ein russischer Staatsbürger Mitte Dezember 2021 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach damals von russischem "Staatsterrorismus".

Nach Überzeugung der Richter handelte der 56-Jährige im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Russland wies solche Vorwürfe zurück. Das Urteil führte zu diplomatischen Verwerfungen zwischen Deutschland und Russland. Beide Staaten wiesen jeweils mehrere Diplomaten des anderen Landes aus.

"Vom Prinzip her ist der Fall ähnlich gelagert, wie der Tiergarten-Mord", sagte die Tschetschenien-Expertin Miriam Katharina Heß von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Man kann ihn in die Tradition russischer Auftragsmorde in Europa setzen."

Das Vorgehen sei immer das gleiche, sagt Heß: Das Ziel sei immer jemand, der sich kritisch über die russische Regierung oder das Kadyrow-Regime äußere. Und dann suche dieses Regime sich "eine zufällig ausgewählte Person aus der Zivilbevölkerung", die keine offensichtliche Beziehung zum russischen Staatsapparat hat.

Ob das Oberlandesgericht München in dem neuen Fall ähnlich entscheidet und auch die explizite Verbindung zu Russland herstellt, wie es das Berliner Gericht getan hat, ist nun die spannende Frage.

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