Rumänien: Münchner Tierschützer brutal angegriffen

In Bukarest werden zwei Münchner Tierschützer in einen Hinterhalt gelockt und verprügelt. Beamte der örtlichen Polizei schauen einfach zu. "Wir hatten Todesangst", erzählen die Opfer.
München / Bukarest - Die Angreifer waren zu sechst und extrem brutal: In Bukarest haben städtische Hundefänger zwei Münchner Tierschützer in einen Hinterhalt gelockt und verprügelt. „Sie waren derart hochgradig aggressiv, dass wir guten Grund hatten, um unser Leben zu fürchten“, sagt Hinrich Rieken von „Animals United“. Auch das Auto der Deutschen wurde bei dem Übergriff beschädigt.
„Seit geraumer Zeit erreichen uns aus verschiedenen Quellen Schilderungen über ,bürgerkriegsähnliche’ Zustände in der rumänischen Hauptstadt“, sagt Viktor Gebhart von „Animals United“: Hunde würden von offiziellen Häschern reihenweise eingefangen – angeblich, um die Bevölkerung vor den vielen Streunern zu schützen. Tatsächlich gehe es den Fängern aber um das „Kopfgeld“ von rund 50 Euro pro Hund, das sie von den Behörden erhalten. Deshalb würden zunehmend Hunde aus Gärten gestohlen oder ihren Besitzern entrissen, um sie in marode, völlig verdreckte „Shelter“ zu bringen, wo die Tiere sich selbst überlassen werden – und grausam verenden.
Viktor Gebhart und Hinrich Rieken wollten die Vorwürfe überprüfen und reisten nach Bukarest. Gemeinsam mit Claudiu Dumitriu, einem bekannten rumänischen Tierschützer, wollten sie die Hundefänger der städtischen Institution „Aspa“ begleiten. „Das ist erlaubt. Die Aspa-Leute müssen sogar mitteilen, wann sie in welchem Stadtteil aktiv werden – was sie aber nur sehr unvollständig tun“, sagt Viktor Gebhart. Bekannt sei allerdings, wann und wo sich die Hundefänger mit Spezialkräften der Polizei treffen, um im Konvoi zum Einsatz zu fahren.
Diesen Moment passten die Münchner, Claudiu Dumitriu und örtliche Tierschützer ab. „Es war gespenstisch“, erzählt Viktor Gebhart. „Die Polizisten waren vermummt, hatten Schlagstöcke und Pfefferspray dabei.“ Einer der Aspa-Männer spuckte dem 29-Jährigen zur Begrüßung ins Gesicht.
Trotz massiver Bedrohungen nahm das bayerisch-rumänische Trio die Verfolgung der Hundefänger auf. „Jeder Hollywoodfilm war langweilig dagegen. Die sind mit mindestens 100 Sachen durch die Stadt gerast, über rote Ampeln, das ganze Programm.“ Straßenhunde sahen die Münchner unterwegs übrigens keine. „Von den 40 000, die angeblich durch Bukarest streunen, fehlte jede Spur“, sagt Viktor Gebhart, der hinter der hohen Zahl eine reine Rechtfertigung für die Aktivitäten der Aspa vermutet: „50 Euro sind in Rumänien enorm viel Geld – und das Hundefangen damit ein lukratives Geschäft.“
Einige Vierbeiner, die in dieser Nacht ins Visier der Häscher geraten seien, hätten mit Sicherheit Besitzer gehabt, so der Münchner. Mehrere dieser Hunde konnten die Tierschützer vor dem Tod im Shelter bewahren, indem sie laut schrien und sie so in die Flucht jagten.
In einer engen Gasse war damit plötzlich Schluss. Hinter dem Skoda der Deutschen hatte sich ein Polizeiwagen postiert, davor bauten sich sechs Hundefänger auf. „Das waren richtige Schränke: tätowiert und muskulös“, sagt Viktor Gebhart. „Die sind auf unsere Motorhaube gesprungen und haben mit Ellbogen, Fäusten und Knien so lange auf die Scheibe gehämmert, bis sie gebrochen ist.“ Dann prügelte einer der Männer durch das geöffnete Fenster auf den jungen Münchner ein, erwischte ihn an der Wange, schlug ihm die Lippe blutig. „Wir hatten Todesangst. Ich weiß nicht, wie dieser Angriff ausgegangen wäre, wenn wir es nicht irgendwie geschafft hätten, sie abzuschütteln.“
Was ihn besonders schockiert: „Die ganze Zeit stand hinter uns ein Polizeiwagen, aber niemand hat eingegriffen. Ich bin entsetzt darüber, wie es sein kann, dass im 21.Jahrhundert in einem EU-Land Menschenrechte derart mit Füßen getreten werden.“
Gebhart, Rieken und Dumitriu haben in Bukarest Anzeige erstattet. Ein Arzt in München hat ihnen ein Trauma attestiert, ihre Schnitt- und Platzwunden versorgt. Einschüchtern lassen sich die Tierschützer allerdings nicht: „Wir werden wiederkommen“, sagt Viktor Gebhart.