Rührend: Wie eine Hündin Demenzkranken hilft

Hündin Leni besucht jede Woche die demenzkranke Frau Huber. Dann ist sie die Königin. Sie ist zufrieden – wenn der Hund bei ihr ist.
Jasmin Menrad |
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Dieses Bild steht über Frau Hubers Bett.
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München - Anne-Marie Huber (91, Name geändert ) nimmt das orange Spielzeug, das in ihrem Schoß auf der braunen Decke liegt und wirft es ein paar Meter weit auf die Wiese. Hündin Leni tollt in lustigen Hüpfern hinterher und das Spiel beginnt von vorne. "Meine Mutter hat immer schon Schultergürtel-Probleme. Bevor sie Leni kennengelernt hat, hat sie diese Bewegung lange nicht mehr gemacht", sagt Sophie Herrsching (Name geändert).

Leni (5) besucht Frau Huber seit einem Jahr . Damals hatte sie noch in ihrer Wohnung in Giesing gelebt . Ihre Tochter war über eine Sprechstunde der Johanniter auf den Besuchsdienst mit Hunden aufmerksam geworden.

Anne-Marie Huber hat ihr Leben in München verbracht, die Ferien mit ihrem 1986 verstorbenen Mann und den zwei Kindern aber stets in den Bergen. "Wir sind eine Familie von Wandergesellen und sehr tierlieb, auch wenn meine Mutter nie einen Hund hatte", sagt Sophie Herrsching.

Jetzt hat Anne-Marie Huber Leni, die sie jeden Donnerstag mit Frauchen Renate (56) besucht. "Is heut' scho wieda Donnerstag?", fragt Frau Huber ihre Tochter oft. Leni, Renate, Donnerstag - das kann sich die demenzkranke Frau merken. "Nur einmal hat sie statt Leni ,Fritzl' gesagt, da war's ihr arg, dass sie den Namen verwechselt hat", sagt die Tochter.

"Der Kontakt mit Leni tut ihr unheimlich gut"

Seit knapp einem Jahr lebt die Seniorin im Haus St. Martin der Münchenstift. Besonders die Pfleger, die Nachtschicht haben, beschäftigt sie, weil Anne-Marie Huber manchmal die ganze Nacht ihr Zimmer umräumt, Dinge in Papier einwickelt, um sie später wieder auszuwickeln - und Manches verschwindet so für immer.

Dieses Bild steht über Frau Hubers Bett.
Dieses Bild steht über Frau Hubers Bett. © min

Was bleibt, egal wie geschäftig Frau Huber in der Nacht ist, ist das Bild über ihrem Bett: Frau Huber sitzt auf einer Parkbank und streichelt Leni, die sie aufmerksam anschaut. Damals war Frau Huber noch mit dem Rollator unterwegs. Nach einem Sturz sitzt sie seit drei Wochen im Rollstuhl. Trotz Demenz und Rollstuhl strahlt sie eine große Zufriedenheit aus - wenn der Hund bei ihr ist.

"Meine Mutter ist in einer Zeit aufgewachsen, in der man sich nicht wie heute ständig umarmt und berührt hat. Der Kontakt mit Leni tut ihr unheimlich gut", sagt Sophie Herrsching.

"Ein Hund darf näherkommen, kuscheln, auch wenn viele Demente das mit Menschen nicht mehr möchten ", sagt Angela Tang, die bei den Johannitern das Projekt der Hunde im Besuchsdienst leitet. 28 Teams aus Mensch und Hund besuchen Seniorenheime, Kindergärten oder Demenzkranke. Wobei es für Letzteres eine Ausbildung bei den Johannitern braucht, bei der die Hundebesitzer in 45 Stunden theoretisch und praktisch lernen, wie so ein Besuch bestmöglich verläuft. "Es ist ja nicht nur für Frau Huber schön", sagt Renate, "ich gehe hier jeden Donnerstag mit einem richtig guten Gefühl raus".

Leni bringt Frau Huber vor die Tür

"Die Ehrenamtler lernen nicht nur, welche Formen der Demenz es gibt, sondern auch, wie sie sich verabschieden, so dass der Besuchte nicht traurig, sondern glücklich ist", sagt Tang. Sie hat 20 Jahre Erfahrung im Besuchsdienst mit Hunden.

Leni habe, sagt Frau Huber, einen ganz einen lieben Charakter. Und erinnert sich, was sie mit Renate und Leni schon erlebt hat. "Einmal habe ich das Spielzeug ins Schilf geworfen, da konnte es Leni nicht mehr herausholen." Renate hat dann die Socken und Schuhe ausgezogen und ist durchs Wasser zum Spielzeug gewatet. Es sind solche Erlebnisse, um die sie von anderen Bewohnern des Seniorenheims ein bisserl beneidet wird. "Wenn Leni da ist, ist meine Mutter die Königin", sagt Sophie Herrsching.

Leni liebt zwar ihre Frau Huber, aber sie begrüßt trotzdem jeden freundlich, der ins Haus St. Martin kommt und genießt die Streicheleinheiten. "Eigentlich ist sie stürmischer, aber hier weiß sie, dass sie vorsichtiger sein muss", sagt Renate.

Als neulich ein Virus im Haus St. Martin herumging, wollte Frau Huber gar nicht aus ihrem Zimmer. Auch ihre Tochter konnte sie nicht dazu motivieren, auch nur in ein Café mit ihr zu gehen. Als aber Renate und Leni am Donnerstag um 16 Uhr kamen, da hat sie sofort ihre Mütze und Handschuhe rausgesucht.

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