Rot-Grün: Dicke Luft um Umweltzone
MÜNCHEN - Der SPD geht die von den Grünen forcierte Verschärfung der Verbote viel zu schnell. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl will erst gesicherte Daten über einen längeren Zeitraum. Umweltreferent Joachim Lorenz arbeitet an einer Wirkungsanalyse. Die Grünen protestieren: Das könnte das Vertrauen in die SPD "schwer erschüttern".
Seit dem 1. Januar sind alte Stinker-Autos in der Umweltzone innerhalb des Mittleren Rings verbannt. Als nächstes wollen die Grünen und Umweltreferent Joachim Lorenz schrittweise auch ein Fahrverbot für die Autos mit gelber und roter Plakette. Dagegen wehrt sich die SPD.
Im April soll der Stadtrat entscheiden, ob und wie es verschärft weiter geht. Lorenz drängt darauf, dass die Autos mit roter Plakette ab dem 1.Oktober 2010 ausgeschlossen werden und die mit gelber Plakette ab Oktober 2012. Der SPD geht das zu schnell. „Auf der Basis von drei Monaten kann man jetzt noch nichts entscheiden“, sagt Fraktionschef Alexander Reissl. Außerdem sei die Schadstoffbelastung der Luft auch stark vom Wetter abhängig. So habe die Stadt im vorigen Jahr nicht öfter als erlaubt die Feinstaubwerte überschritten – ohne dass es eine Umweltzone gab. Reissl: „Zudem wird dort gemessen, wo die Schadstoffbelastung am höchsten ist, direkt am Mittleren Ring.“
Dank der Abwrackprämie weniger alte Autos auf den Straßen
Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne) fährt seinen Kurs weiter. Er arbeitet gerade eine Wirkungsanalyse aus, die er im April dem Stadtrat vorlegen wird. „Allein mit dem Verbot der Autos mit gelber Plakette wird der Schadstoffausstoß aus dem Auspuff halbiert.“ Im übrigen seien die Autofahrer durch die frühe Ankündigung gewarnt. Lorenz: „Manch einer kann mit der Abwrackprämie ein neues Auto kaufen.“ Der Markt sei in Bewegung: „Allein von Dezember bis Januar ist die Zahl der Pkw mit gelber Plakette halbiert worden.“
Auch OB Ude wartet auf eine Datengrundlage. Er drängt darauf, dass die Städte nach einem einheitlichen Zeitplan vorgehen, damit es keinen Fleckerlteppich gibt. Als erstes will sich die Stadt mit Augsburg absprechen, das noch schneller als München sein will. Ude: „Also wird vor 2010 nichts passieren.“
Die Grünen pochen auf den Bündnisvertrag
Die Grünen im Rathaus schäumen. Sie haben gestern postwendend die SPD aufgefordert, sich einer Weiterentwicklung der Umweltzone nicht zu versperren und einer Einbeziehung von Euro II-Fahrzeugen zuzustimmen. Stadträtin Sabine Krieger wies darauf hin, dass alle verfügbaren Daten sehr wohl für eine Feinstaub reduzierende Wirkung der Umweltzone sprächen, an den neuralgischen Messstationen aber schon wieder eine hohe Zahl von Grenzwertüberschreitungen zu verzeichnen sei. Auch in Hinblick auf die anstehende Verpflichtung zur Einhaltung von NO2-Grenzwerten sei ein Zufahrtsverbot für schadstoffintensive Fahrzeuge sinnvoll.
„Der Kooperationsvertrag von SPD, Grünen und rosa liste sieht vor, die Zufahrtsbeschränkungen auf Euro II-Fahrzeuge auszudehnen", so Grünen-Stadträtin Sabine Krieger: "Wenn – was mit Sicherheit der Fall sein wird – die EU-weiten Grenzwerte bis 2010 nicht eingehalten werden können." Die Stadt und die Regierung von Oberbayern ständen daher in der Verantwortung, ihren Luftreinhalteplan weiterzuentwickeln. Wegen der langen Vorlaufzeiten sei es jetzt notwendig, entsprechende Beschlüsse zu fassen. Krieger: "Ich appelliere an die SPD-Fraktion, nicht vom Koalitionsvertrag abzuweichen. Dies wäre ein ernster Vorgang und würde unser Vertrauen in den Koalitionspartner schwer erschüttern."
Willi Bock