"Finde es super": Neuer Fahrplan der MVG findet schon am ersten Wochenende Anklang

Endlich Weltstadt? Im Untergrund kennt die MVG nun am Wochenende keine Sperrstunde mehr. Die AZ hat den neuen Service getestet – und dort Schichtarbeiter, Nachtschwärmer und Romantiker getroffen.
von  Sophia Willibald
Lucian Cozma (46) sitzt in einer U-Bahn Richtung Marienplatz. Er arbeitet in der Gastronomie und freut sich über den neuen Fahrplan der MVG.
Lucian Cozma (46) sitzt in einer U-Bahn Richtung Marienplatz. Er arbeitet in der Gastronomie und freut sich über den neuen Fahrplan der MVG. © Ben Sagmeister

München - München gehört an der Einwohnerzahl gemessen zu den drei größten Städten Deutschlands. In puncto Nachtverkehr konnte sich München bisher aber nicht mit Berlin und Hamburg auf eine Stufe stellen.

Nach 2 Uhr war mit keiner U-Bahn mehr zu rechnen. Die Feiermeute und die Nachtschichten-Schieber mussten kreativ werden: Taxi, Uber, Fahrrad, zu Fuß oder gar warten auf die erste U-Bahn frühmorgens. Damit soll jetzt Schluss sein. Zumindest in den Wochenend-Nächten.

Nacht-U-Bahnen in München: Die MVG testet ihren neuen Fahrplan

Der Fahrplanwechsel der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG)ermöglicht den Münchnern ab jetzt am Wochenende und vor Feiertagen einen durchgehenden U-Bahn-Verkehr. Mindestens im 30-Minuten-Takt steht den Fahrgästen eine Verbindung zur Verfügung. Da, wo sich Linien treffen, wie am Hauptbahnhof oder Sendlinger Tor, kann man sogar viertelstündlich mit einer U-Bahn fahren.

An den Bahnsteigen ist es ruhig. Die U-Bahnen fahren pünktlich ein.
An den Bahnsteigen ist es ruhig. Die U-Bahnen fahren pünktlich ein. © Ben Sagmeister

Am Wochenende feierte der neue Fahrplan der MVG Premiere. Die AZ war in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Münchner Untergrund unterwegs und hat mit den späten Fahrgästen gesprochen. Wie kommt das neue Angebot der MVG an?

Um einen Sitzplatz bemühen muss man sich schonmal nicht. Die U-Bahnen sind auch in der Innenstadt nur wenig besetzt. Einen Bedarf kann man ihnen dennoch nicht absprechen. Das neue Angebot findet bei den Münchnern aus verschiedenen Gründen durchaus Anklang.

Gastromitarbeiter freut sich über seinen schnellen Heimweg

Lucian Cozma steigt am Sendlinger Tor gegen 3 Uhr in eine U-Bahn Richtung Marienplatz. Der 46-Jährige arbeitet in der Gastronomie und ist auf dem Weg nach Hause:

"Ich finde es super, dass die U-Bahnen am Wochenende jetzt nachts durchfahren. Ich arbeite Freitag und Samstag immer bis 1 Uhr, 2 Uhr oder sogar 2.30 Uhr. Da kam es vor, dass ich die letzte U-Bahn nicht mehr geschafft habe. Dann musste ich ein Stück zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren, aber bei dem Wetter ist das schlecht. Ich finde den durchgehenden U-Bahn-Fahrplan daher eine sehr gute Idee."

Er denkt dabei auch an die feiernden Münchner: "Nach dem ein oder anderen alkoholischen Getränk, sollte man nicht mehr auf ein Fahrrad steigen." Heute Nacht geht es in den U-Bahnhöfen der Innenstadt zwar friedlich zu, aber vielen Fahrgästen merkt man dieses "ein oder andere alkoholische Getränk" tatsächlich an.

Eine junge Frau übergibt sich in einen Mülleimer am Odeonsplatz und wird sogleich von ihren Freundinnen umsorgt. Die Möglichkeit, alle 15 Minuten zusammen in eine U-Bahn steigen zu können, um sie nach Hause zu bringen, muss in diesem Moment wohl für alle Beteiligten beruhigend sein.

Fahrgast zeigt, warum der neue Fahrplan nicht nur den Heimweg sicherer macht

Dass der neue Fahrplan den Münchnern mehr Schutz auf ihrem Nachhauseweg bietet, findet auch Student Carl Schmidt. Der 20-Jährige sitzt auf einer Bank am Bahnsteig und wartet: "Es ging schon immer irgendwie, aber mit der U-Bahn ist es auf jeden Fall entspannter und natürlich auch sicherer."

Alex Tilly (50) kann sich in dieser Nacht das Geld für ein Taxi sparen.
Alex Tilly (50) kann sich in dieser Nacht das Geld für ein Taxi sparen. © Ben Sagmeister

Ein weiterer Fahrgast macht sichtbar, dass der neue Fahrplan nicht nur den Heimweg der Münchner sicherer macht. Ein Mann, der seine Habseligkeiten in einem Einkaufswagen bei sich hat, sitzt gegen vier Uhr auf einem U-Bahn-Sitz und döst. Bisher wurden die U-Bahnhöfe nach Betriebsschluss geschlossen und mit einem Gitter versperrt. Obdachlose mussten also zwangsläufig raus in die kalte Nacht.

Für den 50-jährigen Kfz-Sachverständigen Alex Tilly ist die nächtliche Mitfahrgelegenheit hingegen eine willkommene und vor allem günstigere Alternative: "Ich komme gerade aus einer Bar im Lehel. Ich wäre sonst mit dem Taxi gefahren, bis ich gesehen habe, dass in 8 Minuten eine U-Bahn fährt."

Student Moritz Reumuth (25) muss nur wenige Minuten warten.
Student Moritz Reumuth (25) muss nur wenige Minuten warten. © Sophia Willibald

Der 25-jährige Student Moritz Reumuth ist bisher auf einen anderen Fahrdienst ausgewichen und freut sich jetzt ebenfalls, nachts günstig nach Hause zu kommen: "Vorher bin ich zum Teil mit dem Uber gefahren oder ich bin früher gegangen. Jetzt ist es deutlich einfacher, nach Hause zu kommen."

Zwar gab es bisher Nachtbusse, doch die hatten ein großes Problem

Zwar bestand für die Nachtschwärmer vor 2025 die Möglichkeit, Nachtbusse zu nehmen, aber Student Hardy Neumann bringt das Problem derer auf den Punkt: "Die dauern zehnmal so lange." Und wenn man doch mal länger auf die nächste U-Bahn warten muss?

Ein Mann döst in einer beheizten U3. Draußen hat es unter null Grad.
Ein Mann döst in einer beheizten U3. Draußen hat es unter null Grad. © Ben Sagmeister

Dann gestaltet sich selbst das angenehmer, als draußen an der Bushaltestelle in der Kälte zu stehen, findet Fahrgast Khedr Hasan. Er wartet mit seiner Begleitung Mariia Krupa am Sendlinger Tor auf die nächste U1.

Khedr Hasan (42) und Mariia Krupa (42) kommen von einem Rendezvous.
Khedr Hasan (42) und Mariia Krupa (42) kommen von einem Rendezvous. © Sophia Willibald

Die beiden haben sich vor drei Monaten in einem Deutschkurs kennengelernt. Heute hatten sie ein Rendezvous. Um 4 Uhr 39 steigen die beiden lächelnd in die U-Bahn. Mariia hält eine große, rote Rose in der Hand. Die neue Nacht-U-Bahn, sie bietet den Münchnern vieles, Ganz offensichtlich sogar romantische Momente.

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