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Kritik nach Rolling Loud in München: Auch Grün-Rot hat viele Fragen

Im Nachgang des Hiphop-Festivals Rolling Loud auf dem Messegelände hagelt es Kritik. Nach der CSU hat nun auch die grün-rote Rathausfraktion viele Fragen.
von  Jan Krattiger
Festivalbesucher stehen an der Messe Riem auf dem Gelände des Rolling Loud-Festivals vor der Snipes-Stage.
Festivalbesucher stehen an der Messe Riem auf dem Gelände des Rolling Loud-Festivals vor der Snipes-Stage. © dpa/Karl-Josef Hildenbrand

München - Die Kritik an der deutschen Ausgabe des "größten Hiphop-Festivals der Welt" (Eigenbezeichnung), des Rolling Loud, reißt nicht ab. Nachdem der offenbar großflächige Einsatz von Stromgeneratoren schon bei der CSU für Fragen gesorgt hat, meldet sich am Dienstag auch die grün-rote Stadtratsfraktion mit einem langen Fragenkatalog. 

Bei Grün-Rot wird es allerdings grundsätzlicher, denn sie sehen in solchen Veranstaltungen auf dem Messegelände eine unnötige Konkurrenz zum städtischen Olympiastadion: "Haben andere Veranstalter als die in der Presse genannten Leutgeb Entertainment Group und Live Nation GmbH eigentlich auch die Chance, das Messegelände zu mieten?", fragt sich der grüne Stadtrat David Süß zum Beispiel.

Der Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) habe angekündigt, "dass auf der Messe nur Großveranstaltungen mit über 100.000 Besuchern stattfinden sollen", so Süß weiter. Beim Rolling Loud sei diese Zahl aber deutlich unterschritten worden. 

Nach Rolling Loud: Grün-Rot hat kritische Fragen

Die Fraktion will auch wissen, ob es einen Exklusivvertrag zwischen der Messe und einem Veranstalter gibt – und wie lange die Laufzeit ist. Bisher ist öffentlich nur bekannt, dass die Leutgeb Entertainment Group nach eigenen Angaben das exklusive Recht für Konzerte und Festivals auf dem Messegelände für das vergangene und das laufende Jahr hat. Das hat die "SZ" letzten Herbst berichtet. Die Messe verweist auf eine Vertraulichkeitsverpflichtung. 

Auch Fragen nach dem Sicherheitskonzept und ob dieses nach den Vorfällen vom Wochenende ausreichend war, möchte die Fraktion vom Wirtschaftsreferat und Kreisverwaltungsreferat beantwortet haben. "Es kann nicht sein, dass Menschen verletzt werden und Hunderte Polizeibeamte bei einem Konzert für Sicherheit sorgen müssen", sagt Julia Schönfeld-Knor, die kulturpolitische Sprecherin der SPD/Volt-Fraktion. "Deshalb wollen wir wissen, welche Mängel es am Sicherheitskonzept gab und wie diese künftig ausgeschlossen werden sollen." 

Und die Fraktion nimmt auch den Wirtschaftsreferenten Clemens Baumgärtner ins Visier: Sie will wissen, in welcher Rolle er am Wochenende auf der Messe war, mit wem er gesprochen hat und wie er die Ereignisse des Wochenendes einschätzt. Baumgärtner ist zuständig für die städtischen Beteiligungen an Unternehmen wie der Messe München. Daneben sind auch der Freistaat, die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer daran beteiligt.

Liefen auf dem Rolling Loud-Festival über 50 Stromgeneratoren?

Am Montag hatte bereits die CSU in einer Anfrage die Stromversorgung am Festival kritisiert. Es ist vielleicht kein Zufall, dass auf der Webseite des Festivals "Rolling Loud Germany", das am Wochenende gerade Zehntausende Zuschauer auf das Messegelände lockte, kein Wort über Nachhaltigkeit zu finden ist. Bei vielen anderen großen Events dieser Art ist das mittlerweile eher üblich.

Wie der CSU-Stadtrat Alexander Reissl am Montag in einer Anfrage an Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) darlegt, sollen beim Festival 52 Stromgeneratoren im Einsatz gewesen sein. In Zeiten, in denen Nachhaltigkeit ein immer wichtigeres Thema wird, für viele ein Aufreger.

Er will darum von der Stadt wissen, wie es sein kann, "dass auf dem Gelände der Messe München, einem Tochterunternehmen von Freistaat Bayern und Landeshauptstadt München, Strom nicht von einem Stromversorgungsunternehmen bezogen, sondern von motorisch betriebenen Stromaggregaten erzeugt wird". Er stellt außerdem die Frage, ob das nicht genehmigungspflichtig sei.

CSU-Stadtrat Alexander Reissl.
CSU-Stadtrat Alexander Reissl. © CSU

"Wenn das wirklich in der Größenordnung ist, halte ich das auch vom CO2-Ausstoß für problematisch", erklärt Reissl im Gespräch mit der AZ. Er verstehe, dass man in gewissen Situationen mit Notstromaggregaten arbeiten müsse, "aber nicht in einer Großstadt, wo das Stromnetz funktioniert". 

Das klinge für ihn jedenfalls so, als habe das Festival seinen Strom "komplett selbst gemacht", sagt Reissl. Warum sie den Strom nicht von den Stadtwerken oder sogar von einem anderen Anbieter bezogen haben, bleibt unklar.

KVR: Einsatz von Generatoren "keine Seltenheit"

Das für die Veranstaltungsgenehmigung zuständige Kreisverwaltungsreferat sagt dazu auf AZ-Anfrage: "Es wurden auf der Veranstaltung Stromgeneratoren eingesetzt." Dass diese verwendet werden, sei allerdings "keine Seltenheit", da nicht überall ausreichend Anschlüsse vorhanden seien.

Es gebe dagegen auch "keine grundsätzlichen sicherheitsrechtlichen Einwände", sofern die entsprechenden Richtlinien eingehalten würden, so das KVR. Es gebe auch "aus dem Sicherheitsrecht keine Vorgabe, aus welcher Quelle der Strom bezogen werden muss". Wie viel Strom von Generatoren bezogen wurde, kann das KVR nicht beantworten.

Eine Anfrage der AZ an das Festival blieb bislang unbeantwortet (Stand Montag, 10. Juli, 12 Uhr). Co-Veranstalter "Live Nation" teilte auf AZ-Anfrage mit, das Thema Stromgeneratoren zu überprüfen.

Rolling Loud-Organisator will nächstes Jahr wieder nach München

In einer Pressemitteilung von Sonntagabend schreibt "Live Nation": "Das Open-Air-Gelände auf der Messe in München wurde bereits im vergangenen Jahr für Großkonzerte mit mehr Zuschauern als beim Rolling Loud Germany genutzt und hat erneut seine besondere Qualität unter Beweis gestellt." Veranstalter Andre Lieberberg sagt, das Rolling Loud sei ein "herausragendes Ereignis" gewesen. "Wir freuen uns im kommenden Jahr zurückzukommen."

Ob das aber in der Form der Fall sein wird, ist aktuell nicht ganz klar. Das KVR hatte angekündigt, dass die am Wochenende gesammelten Eindrücke – unter anderem kam es zu Steinwürfen, insgesamt waren die Zustände vor Ort teils sehr chaotisch – jetzt erstmal analysiert würden. Die KVR-Chefin und ihr Stellvertreter waren vor Ort, "um auch zu bewerten, wie man in Zukunft mit der Messe als Veranstaltungsort umgehen soll".

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