Ritter Udewicht und die schwarze Burg

Kamellen, Sturmböen und ein bisschen Wahlkampf: 7000 statt der erwarteten 30000 Zuschauer kamen zum Münchner Faschingsumzug, der von den Damischen Rittern angeführt wurde.
Elf Uhr, Odeonsplatz. Aus dem Hofgarten, in dem die rund 1000 Beteiligten mit ihren 24 Wagen auf ihren großen Auftritt warten, tönt: „Heute fängt ein neues Leben an!“ Der Anführer des Zugs steht schon bereit, ein knallblauer Traktor der Damischen Ritter, mit Blumengestecken und Luftballons geschmückt.
Etwas seltsam wirkt er in dem Torbogen, durch den man im Geiste eher Pferdekutschen fahren sieht. Aber an Fasching darf es ja narrisch zugehen. Leider überträgt sich die Stimmung nicht ganz auf das Publikum, die meisten Zuschauer sind nicht einmal kostümiert und knöpfen ihre Mäntel fest zu, damit der frostige Wind nicht durch Mark und Bein fährt. Aber man gibt sich Mühe.
Ude im Feuerwehr-Outfit
Spätestens als die Kamellen sich über die Straßenränder ergießen, sind die kleinen Piraten und Pippi Langstrümpfe doch begeistert und wetzen wie angestochen über das Straßenpflaster, um die Bonbons in ihre immer praller werdenden Tüten zu stopfen. In seinem Feuerwehr-Outfit gesellte sich OB Christian Ude zu den Damischen an die Spitze des Zugs. Nicht weit dahinter folgte seine Partei im roten Burggefährt. Dessen Insassen mussten auf Höhe des Königsplatzes dem Wahlgeschenke fordernden Publikum verschämt gestehen, dass die Bonbons ausgegangen waren. Schließlich war die Strecke fast doppelt so lang: aus Rücksicht auf das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus war die Route umgelegt worden. Damische-Ritter-Sprecher Helmut Wollner meint jetzt gar, den Tag durch die Diskussion unbewusst wieder zum Leben erweckt zu haben. Die CSU hatte bei den Kamellen besser kalkuliert. Sie nahm teil, trotz heftiger Kritik Stoibers („Instinktlosigkeit erster Güte“ nannte er den Umzug am Gedenktag).
Auch ansonsten betrieb sie eifrig Wahlkampf und verteilte ein auf mittelalterlich getrimmtes Gedichtlein über „Ritter Udewicht“, dessen „rote Burg“ zerbröselt, woraufhin die Schwarzen mit ihrem „jungen Ritter Schmid dem Schlauen“ dort eine „schwarze Burg“ bauen. Ärmlich machte sich dagegen die FDP, deren Umzugswagen einen arg provisorischen Eindruck machte – er war geschmückt mit ein paar bunten Plastikplanen.
Lebende Mini-Frauenkirchen
Die Tanztruppen trotzten tapfer der Kälte, die Faschingsgarden und Showgirls in Strumpfhosen und neonfarbenen Gymnastikanzügen gaben sich alle Mühe, ein glückliches Gesicht zu ziehen. Als Mini-Frauenkirchen verkleidet zog die Hauptschule an der Guardinistraße mit, vom Wagen des Coellner im Paragraph flogen neben Süßigkeiten auch Taschentücher. Venezianische Maskenträger, die Marktweiber vom Viktualienmarkt, Cowboys, der Burschenverein Aschheim-Dornach, posaunende Sträflinge und die Narrhalla samt Prinzenpaar boten dem grauen Himmel in schreiend bunten Kostümen Paroli.
Statt den erwarteten 30000 Zuschauern jubelten der Gaudiparade laut Polizei nur 7000 Menschen zu. Das glaubt Rittersprecher Helmut Wollner aber nicht: Er schätzt das Publikum auf an die 20000. Auch sonst gab er sich zufrieden: „Es hat nicht geregnet – und die Kinder waren begeistert. Das ist das Wichtigste für uns.“
Laura Kaufmann