Richter verhängen Baustopp!
Zu überdimensioniert: Die bereits erteilte Baugenehmigung in der Feilitzschstraße ist aufgehoben. Die Nachbarn jubeln, die Stadt ist zerknirscht – und der Investor noch unschlüssig.
MÜNCHEN - Das ist eine schallende Ohrfeige für die Stadtverwaltung: Das Verwaltungsgericht hat gestern den Nachbarn der ehemaligen Schwabinger 7 recht gegeben, die Baugenehmigung der Lokalbaukommission (LBK) kassiert – und faktisch einen Baustopp für das Areal an der Feilitzschstraße erlassen. Grund: Der gegen massive Widerstände der Anwohnern sanktionierte Neubau ist überdimensioniert.
Wie berichtet, hatte sich die Tendenz des Urteils schon bei der mündlichen Verhandlung am Montag abgezeichnet. Gewinnmaximierung für den Bauherrn sei kein Argument dafür, gegen das Baurecht zu verstoßen, so der Tenor der 8.Kammer. Gestern erklärte dann ein Gerichtssprecher, die von der Lokalbaukommission erteilte Baugenehmigung für den Investor HIH sei aufgehoben. „Ich finde das wunderbar“, sagte gestern Anwohner Gunther Glöckle.
„Wir sind sehr zufrieden, dass die Stadtverwaltung nicht machen kann, was sie will – und auch nicht der Bauträger.“ Kläger-Anwalt Benno Ziegler: „Die LBK hatte die Genehmigung gegen den massiven Widerstand der östlich angrenzenden Nachbarn erteilt.“ Man hoffe jetzt, dass die Behörde „in angemessenem Umfang auf die Belange der Nachbarn Rücksicht nimmt.“ Zieglers Kollege Michael Hauth, der ebenfalls Anwohner vertritt, zeigte sich sicher, dass das Urteil Grundsatzcharakter habe:
„Nachbarschaftsrechte müssen verstärkt berücksichtigt werden, sie können durchaus Interessen der Bauherren überwiegen.“ Beim Planungsreferat, zu dem die LBK gehört, wertete es Sprecherin Katja Strohhäker als positiv, dass das Gericht bestehendes Baurecht festgestellt habe. „Wir hatten eine andere Interpretation der Situation“, so Strohhäker, die Höhenentwicklung sei offenbar „zu weit gegriffen“ gewesen. Genau das hatte das Gericht angemerkt: Weil bei der „Neuen Münchner Freiheit“ ein zusätzliches Stockwerk mit einem lukrativ zu vermarktenden Penthouse draufgesattelt worden sei, würden die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen verletzt.
Lasse man das oberste Geschoss weg, könnten alle vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden: „Ein Stock weniger und ich bin im Maß drin.“ Die Argumentation des Bauträger-Anwalts, dass auch rundum in der Nachbarschaft die Abstände nicht eingehalten würden, ließ das Gericht nicht als Freibrief für den Neubau gelten. Wie’s jetzt weiter geht? Ein HIH-Sprecher erklärte, man warte das schriftliche Urteil ab und prüfe dann die zwei möglichen Optionen: Einspruch oder Umplanung.
Eine schwierige Abwägung. Zum einen kostet der Verzicht aufs oberste Stockwerk den Bauträger laut Experten um die zwei Millionen Euro. Andererseits wäre der Versuch, das Urteil zu kippen, ein großes zeitliches Risiko. Allein die Prüfung der Frage, ob ein Widerspruch möglich und zulässig ist, dauert laut Anwalt Hauth „zwischen drei Monaten und drei Jahren“. Dabei sollte das Projekt Feilitzschstraße 7 – 9 mit 34 Wohnungen und zusätzlichen Läden schon Ende des Jahres fertig sein. 16 Wohnungen sind laut Auflistung im Internet schon verkauft, mehrere reserviert. Ein langer Rechtsstreit käme in dieser Lage wohl mehr als ungelegen.