Residenzstraße: Eine Kampfzone für Münchens Radler

Hier wird gequetscht, gedrängelt und geschubst: In der Münchner Residenzstraße liefern sich Radler und Fußgänger einen Nahkampf. Doch Absteigen oder Ausweichen möchte kaum einer.
von  Abendzeitung
In der Münchner Residenzstraße liefern sich Radler und Fußgänger einen Nahkampf.
In der Münchner Residenzstraße liefern sich Radler und Fußgänger einen Nahkampf. © Petra Schramek

MÜNCHEN - Hier wird gequetscht, gedrängelt und geschubst: In der Münchner Residenzstraße liefern sich Radler und Fußgänger einen Nahkampf. Doch Absteigen oder Ausweichen möchte kaum einer.

Eng, enger, Residenzstraße: Seit eine Fernwärme-Baustelle die Flaniermeile zum Nadelöhr werden ließ, herrscht dort zeitweise Chaos pur. Radlfahrer und Fußgänger müssen sich bis Ende Juli einen nur fünf Meter breiten Korridor teilen – Einengung der Kampfzone.

Es ist Mittag, die City füllt sich. In der Residenzstraße schlängelt sich ein Radler gefühlte zwei Millimeter an ein paar italienischen Touristen vorbei. Bloß nicht absteigen, scheint die Devise. Die Italiener schütteln nur den Kopf.

"Warum schieben Sie ihr Fahrrad nicht einfach?"

Eine Minute später kommt es an der selben Stelle beinahe zum Zusammenstoß zweier Radlfahrerinnen. Eine davon ist Nadja Pilat (43) – sie schnauft nach dem Fast-Crash erstmal tief durch. „Ich habe hier schon häufiger brenzlige Situationen erlebt.“ Warum schiebt sie ihr Fahrrad dann nicht einfach? „Ich bin auch schon abgestiegen – aber heute geht es gerade noch.“

Der Ansicht ist auch Thomas Halbritter. Der Bankangestellte ist sicher, „alles im Griff“ zu haben, als er die Residenzstraße langsam durchradelt. „Das ist eine gefährliche Stelle.“ Wobei seiner Ansicht nach nicht allein die Radlfahrer dazu beitragen sollten, das Ganze zu entschärfen. „Die Fußgänger sind oft sehr egoistisch und sind negativ gegenüber den Radlern eingestellt. Dann gehen sie mit Absicht nicht zur Seite.“

"Ich hoffe, dass die anderen auf mich aufpassen"

Bei Claudia Roxlau kann davon keine Rede sein. „Ich schaue, dass ich nicht anecke“, sagt die junge Mutter, die ihr neun Wochen altes Töchterchen Isabele im Kinderwagen durch die Residenzstraße bugsiert. „Aber ich hoffe, dass die anderen auch auf mich aufpassen.“ Ein frommer Wunsch.

Das Kreisverwaltungsreferat erlaubt den Radlfahrern zwar, im Schritttempo an der Baustelle vorbei zu fahren. „Aber sie müssen dabei vorsichtig sein“, sagt Pressesprecher Christopher Habl. Drei bis vier Wochen will sich die Behörde ansehen, ob das Miteinander auf dem schmalen Streifen funktioniert. Wenn sich die Beschwerden häufen, könnten die Radlfahrer mittels Verkehrsschild zum Schieben aufgefordert werden.

Der Lenker wackelt - immer noch besser als Absteigen

Freiwillig tun das die Wenigsten. Eine Radlfahrerin lässt sich an diesem Mittag selbst von einer Schülergruppe nicht zum Absteigen bewegen. Sie quetscht sich an den Kindern vorbei – mit wild wackelndem Lenker. Radlfahren im Schneckentempo kann zum echten Balanceakt werden.

Nicht erst seit der Fernwärme-Baustelle kommen sich Menschen in der Residenzstraße im Minutentakt in die Quere. Vor nicht einmal zwei Jahren hatte sich ein 27-jähriger Mountainbiker bei einem Unfall kurz nach dem Odeonsplatz lebensgefährliche Verletzungen zugezogen. Er war mit einem anderen Radler kollidiert.

Julia Lenders

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