Residenz-Löwen, Fischbrunnen & Co.: Magische Glücksorte in München

Julia, Waller oder die Wunder-Madonnen: Der Stadtspürer Christopher Weidner zeigt magische Plätze in der Altstadt.
Eva von Steinburg |
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Nicht nur die Löwen, es  gibt viele Orte in der Münchner Altstadt, die Kräfte als Glücksbringer habend sollen.
Daniel von Loeper, Cathérine Fischer, Christopher Weidener, imago Nicht nur die Löwen, es gibt viele Orte in der Münchner Altstadt, die Kräfte als Glücksbringer habend sollen.

Alle Menschen tragen in sich den tiefen Wunsch nach Glück, nach Erfüllung. Eine echte Hasenpfote als Talisman oder eine glänzende Kastanie in der Handtasche – das sind altmodische bayerische Glücksbringer, die das große Glück, Gesundheit oder Geld anlocken sollen.

Doch auch magische Orte können das Selbstbewusstsein und die Fähigkeiten so verstärken, dass das Finden von Liebe und Glück wahrscheinlicher wird, weil man mit sich in Einklang kommt und sich auf dem richtigen Weg weiß.

Rund um den Marienplatz führt der Stadtspürer Christopher Weidner jetzt zu magischen Glücksorten. Manche kennen nur Eingeweihte, andere sind geläufiger: die drei Wunder-Madonnen, das Brautportal der Frauenkirche, den Waller oder das Onuphrius-Mosaik. "Die besonderen Plätze sind alle in der Altstadt. Neuere Stadtteile haben nicht so viel Aufladung", erklärt Weidner.

Auch die Julia-Statue oder der Waller vor dem Jagd- und Fischereimuseum sind Glücksorte. Als bekanntestes Beispiel für einen Altmünchner Glücksort gelten jedoch die Löwen an der Residenz: Wer ihre Nasenschilder streichelt, dem soll ewiges Glück gewiss sein, heißt es.

"Die Leute wollen auch mal etwas Positives"

Der Stadtspürer hatte vor drei Jahren ein ganz persönliches magisches Erlebnis mit der Tulbeck-Madonna in der Frauenkirche: "Diese Madonna spendet vor allem Trost in einer verfahrenen Situation", so Weidner. Man müsse gar nicht mal katholisch sein, um Kontakt aufzunehmen: "Wenn man sich ihr von ganzem Herzen öffnet. Wenn man sich intensiv innerlich mit ihr verbindet, dann öffnet sie einem ihre halbgeschossenen Augen", sagt er.

Bei ihm habe es damals beruflich gehakt. "Ich war voller Zweifel und kannte meinen Weg nicht. Da traf mich ihr sehr gütiger, hoffnungsspendender Blick. Er ließ mich ahnen, es geht gut für mich weiter," erinnert sich der Stadtspürer. Man glaubt es ihm.

"Die Leute wollen auch mal etwas Positives", so der Stadtspürer. So buchen die magische Wunder-Tour vor allem "Alleinstehende, ganz junge und ganz alte Paare und immer mehr Mädels – für ihren Junggesellinnenabschied", weiß die Glücksorte-Führerin Margaretha Becker (51).

Einer Freundin, die sich jahrelang ein Kind gewünscht hatte, hat sie einmal locker geraten: "Zünd’ doch der Hammerthaler Madonna in der Heilig-Geist-Kirche eine Kerze an." Kurz darauf sei die Freundin schwanger gewesen.

Becker sagt: "Wir nennen das Kind heute noch das Hammerthaler Baby."


"Glücksorte in München: Eine Führung zu den magischsten Plätzen Münchens". Karten: 16 Euro, 14 Euro online, 8 Euro Kinder. Infos: mystisches-muenchen.de


Die Löwen an der Residenz

Klugheit, Gerechtigkeit, Stärke und Mäßigkeit – all diese guten Eigenschaften sollen auf den übergehen, der über die Schnauzen an den Nasenschildern der vier Löwen vor der Residenz streichelt.

Es sind die vier Kardinalstugenden, die ein würdiger Herrscher mit sich bringen sollte – und die für einen gelingenden Alltag helfen. Aber, so Stadtspürer Christopher Weidner geheimnisvoll: "Nur wenn man wirklich alle vier berührt, funktioniert das mit dem Glück."

Zwischen Odeonsplatz und Marienplatz flankieren die imposanten Bronze-Tiere die Eingänge zu den Residenzhöfen: Die prächtigen Löwen sitzen auf ihren Hinterpfoten, immer zwei blicken einander an. Mit einer Tatze hält jeder ein großes Schild. Darunter, in Augenhöhe, sind die wundersamen Münchner Miniaturlöwenköpfe zu finden.

Weidner: "Münchner und Touristen, die sich Glück im Leben wünschen, streifen die schon blankpolierten Schnauzen im Vorbeigehen. Andere platzieren sich mit Selfie-Stick in einer Hand davor – mit der anderen reiben sie die Nase."

Die Zeiten haben sich eben ein bisserl geändert. Doch ob noch rein manuell oder bloß digital – allen gleich ist der Wunsch, ein klein wenig Glück zu erhaschen. Und keiner zweifelt daran, dass das auch tatsächlich funktioniert.

Ein Keiler und der Waller

Vor dem Jagd- und Fischereimuseum in der Fußgängerzone recken sich ungewöhnliche Bronzetiere: Links sitzt ein Eber schräg auf seinen Hinterbeinen, rechts vom Museum sperrt ein riesiger schnurrbärtiger Waller sein Fischmaul auf. Beide Mäuler sind von vielen Berührungen golden glänzend. Dem Aberglauben nach bringt das nämlich Massel.

Das Wildschwein

Erkundigt man sich nach der Herkunft des Bronzeebers, stößt man auf den Bildhauer Martin Meyer. Bei genaueren Recherchen stellt sich jedoch heraus, dass es sich bei der Figur vorm Jagd- und Fischereimuseum um einen Abguss handelt, den Meyer im Jahr 1978 von einem 1960 gefertigten Eber vorgenommen hat. Doch auch diese Version ist nicht das Original. Ent- worfen hat die Tierbronze ein italienischer Bildhauer im Frühbarock, Pietro Tacca. Schon seit 1640 steht die Figur, von den Italienern "Porcellino" genannt, in Florenz. Und selbst Reisende in Sydney haben einen Abguss desselben gesichtet.

Was fasziniert die Menschen weltweit an dieser Figur? Liegt es daran, dass es seit jeher eine magische Verbindung zwischen Schweinen und Glück gibt? Bei den Kelten war das Schwein ein heiliges Tier, und die antiken Griechen machten es zum Symboltier der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter – vielleicht, weil es mit seiner Schnauze die Erde aufwühlt, wie der Bauer den Acker pflügt. Das Schwein steht wohl seit ältesten Zeiten für die Kraft der Erde. Wer kennt nicht den Ausdruck "Schwein gehabt"?

Der Fisch

Eine nette Stadtsage gibt’s zum Waller: An der Stelle, an der die erste Synagoge in München stand, dem heutigen Marienhof, errichtete man eine Gruftkirche, die noch bis 1803 stand. In dieser Kirche wurde ein besonderer Brauch praktiziert: Wenn ein neuer Kurfürst seine Regierungszeit antrat, ließ er in jener Gruftkirche einen Goldring weihen, der ganz aus Isargold zu bestehen hatte.

Diesen trug er dann bis zum Walchensee, einem unergründlichen See, von dem man zu wissen glaubte, dass er mit den Weltmeeren in Verbindung stünde. In den schwarzen Tiefen des Gewässers vermutete man einen riesigen Waller, mit Augen so groß wie Wagenräder und einer furchteinflößenden Zerstörungskraft. Mit seinem gewaltigen Leib umspanne er den sagenumwobenen Kesselberg, während er seinen Schwanz im Maul halte, hieß es. Dieses Ungetüm zu stören war früher bei Strafe verboten – denn würde der Waller erzürnt werden, dann würde er sein Maul aufreißen, und der Schwanz würde mit voller Wucht gegen die Uferwände donnern und sie wie Glas zersplittern lassen.

Die sich aufbäumenden Wassermassen würden sich dann bis in das schöne München ergießen – und es unter seinen Fluten begraben. Durch das Opfer eines Goldringes hofften die Bürger, dieses Unglück abwenden zu können.


Der gute Riese

Wem ist er aufgefallen? Der bärtige Riese an der Hauswand am Marienplatz Nummer 17? Sein altes Gesicht ist von einem weißen Bart und langem Haar umwuchert. Um die Hüften trägt er nur einen Blätterkranz. Es ist der heilige Onuphrius, der aus tiefliegenden Augen auf die Passanten blickt. Das große Mosaik stammt aus den 50er Jahren – doch auch schon viel früher war hier ein Bild des Heiligen.

Onuphrius heißt "das ewig gute Wesen". Im 3. Jahrhundert war das ein beliebter Vorname in Ägypten. Onuphrius, damals ein reicher ägyptischer Fürstensohn, soll sich in Übermut verirrt haben. Als er das erkannte, verzichtete er auf den Thron und ging als Asket in die Wüste.

Münchens Gründungsvater, Heinrich der Löwe, war von Onuphrius’ Wandlung fasziniert. Und soll die Hirnschale des Heiligen als Reliquie nach München gebracht haben. Onuphrius ist Schutzpatron der Pilger und Reisenden. Wer wegfährt, kann ihm vorher in die Augen schauen. Der Stadtspürer: "Ein Blick auf ihn bewahrt vor einem plötzlichen Tod."

Hand in Hand unterm Tor

Der Bogen mit der Sonnenuhr schenkt viel Segen: Noch heute soll es einem Paar Glück bringen, sich unter dem reich geschmückten Brautportal der Frauenkirche zu küssen. Denn: Im Mittelalter war es üblich, das Hochzeits-Ritual nicht in der Kirche zu vollziehen, sondern vor der Pforte. Der Grund: damit ganz München Zeuge des feierlichen Ehe-Gelübdes sein konnte. Früher zog die Hochzeitsgesellschaft erst in die Kirche ein, nachdem die Brautleute die Ringe getauscht hatten.

Bei der Führung zu Münchens magischen Orten stellen sich Liebende gerne Hand in Hand unter das Portal an der Südseite der Frauenkirche. "Auch ältere Leute machen oft mit, das ist sehr romantisch", sagt Glücksort-Expertin Margaretha Becker. "Und manchmal gibt es auch ein lustiges Gezänk, weil sich ein Mann ziert, sich mit seiner Frau vor uns allen unter das mystische Tor zu stellen".

Magie am Fischbrunnen

Weil Fischschuppen wie Münzen glänzen, sollen die Geldstücke im Portemonnaie vermehrt werden, wenn man es in das Wasser des Fischbrunnens taucht. Alljährlich am Aschermittwoch versuchen sich sogar der amtierende Münchner Oberbürgermeister und sein Stadtkämmerer in dieser alten und magisch-abergläubischen Tradition des Geldbeutelwaschens – und viele Urmünchner tun es ihnen nach.

Der Münchner Fischbrunnen ist sehr alt, er stammt ursprünglich von 1318. Drumherum standen die Fischweiber und wuschen ihre Ware und hielten sie im nassen Element kühl.

Der Geheimtipp des Stadtspürers: "Man muss nicht bis Aschermittwoch warten, um seinen Geldbeutel hier nass zu machen." Und: Es gibt zwei Traditionen in der Stadt. Entweder man taucht das leere Portemonnaie ein – oder es ist mit einer Kupfermünze gefülllt, wie einem Ein-Cent-Stück. "Das ist doch viel besser. Denn nichts kann sich ja nicht vermehren!", empfiehlt Christopher Weidner. Und da ist doch nun wirklich was dran. Oder?


Die blanke Brust der Julia

William Shakespeare hat mit "Romeo und Julia" im 16. Jahrhundert eine der bis heute wohl bekanntesten Liebesgeschichten verfasst – und die geht in etwa so: Die gerade einmal dreizehnjährige Julia aus dem Hause Capulet in Verona verliebt sich in den schönen Romeo – dem Sohn der mit den Capulets (aus nicht geklärten Gründen) verfeindeten Montagues.

Als Julias Cousin Wind von der verbotenen Liebe bekommt, fordert er Romeo zum Duell – und stirbt beim Kampf. Romeo wird zur Strafe aus Verona verbannt. Julia wird von den Eltern gedrängt, einen anderen zum Mann zu nehmen. Um dem zu entgehen, betäubt sie sich mit einer schwachen Dosis Gift, um für tot gehalten zu werden und in diesem Zustand auf die Rückkehr ihres Romeos zu warten.

Romeo erhält den Brief, in dem Julias Vorhaben erklärt wird, aber nicht. Er denkt, seine Geliebte sei gestorben. Verzweifelt eilt er zu der vermeintlich Toten – kann den Schmerz nicht ertragen und nimmt sich das Leben. Julia erwacht, sieht ihren toten Geliebten neben sich und erdolcht sich.

Die Originalstatue der Julia Capulet steht in Verona, in einem Innenhof, der willkürlicherweise als Schauplatz der Balkonszene aus Romeo und Julia bestimmt wurde.

Es ist ein schwieriges Unterfangen, zu ihr zu gelangen: Hunderte von Touristen aus aller Herren Länder drängen sich in den Hof, rempeln sich zu Julia, um die Statue zu berühren und – dem Aberglauben nach – Glück in der Liebe zu erlangen. Teenager verewigen sich an der "Liebeswand" im Innenhof, manche stecken kleine Briefchen in die Ziegel hinter Julia.

Die bronzene Figur in München steht am Alten Rathaus (Richtung Tal) und ist ein Geschenk der Stadt Verona aus dem Jahr 1974. Hier geht’s bedeutend ruhiger zu als in Verona: Recht unbeachtet versteckt sie sich hinter dem ehemaligen Stadttor, manchmal mit Blumen im Arm, geschenkt von einem dankbar Verliebten oder hoffend Bittenden. Während in Verona fast der gesamte Bronzekörper von den vielen Berührungen schon golden glänzt, schimmert bei Münchens Julia nur die rechte Brust.

Derzeit kommen ja wieder viele Touristen aus Julias Heimatland nach München. Vielleicht findet ja der eine oder andere Besucher zu dieser versteckten Julia und berührt die Brust der Schutzpatronin der Liebenden – nach Glück in der Liebe sehnen sich alle.

Wunder-Madonnen in der Altstadt

Maria in der Frauenkirche

Die Wundermadonna der Frauenkirche ist Teil des Tulbeck-Altars in der Kapelle im Nordturm. Zwei spitzflügelige Engel schweben über Maria, die Krone und goldenen Mantel trägt. Ihr braunes Haar wallt an ihr hinab. Sie wirkt friedlich, als würde sie schlafen.

Auch diesem Marienbild spricht man wundersame Kräfte zu: Die Betenden sollen sich plötzlich vom Blick der Gottesmutter fokussiert gefühlt haben! Der Betende, der sein Herz der Gottesmutter öffnet, soll ihren Blick auf sich spüren, als Zeichen, dass sein Bitten erhört wurde. Solche Unerklärlichkeiten wurden auch bei dieser Marienfigur in der Frauenkirche berichtet und als "Wunder von München" bezeichnet.

Hammerthaler Madonna

Im Tal, im linken Seitenschiff der Heilig-Geist-Kirche, blicken Sucher von Glücksorten in das harmlos-gutmütige Gesicht einer im 15. Jahrhundert geschnitzten gotischen Maria. Es ist die Hammerthaler Madonna. Sie soll Leben retten, Trost spenden und Fragenden den Weg weisen.

Ursula Hammerthaler fällt im Jahr 1620 im Kloster Tegernsee die Madonna auf. Sie betrachtet die Marienfigur und fühlt plötzlich eine seltsame Kraft von ihr ausgehen. Zurück in München, wo ihr Gatte eine lukrative Weinwirtschaft betreibt, den "Hammerthaler Hof" im Tal, geht ihr die Staue nicht mehr aus dem Kopf.

Sie bittet den Abt des Tegernseer Klosters, die Madonna nach München überführen zu lassen. Und so kommt’s. Ganz plötzlich wird die Wirtin von ihren langjährigen Gelenkschmerzen geheilt – und die heilende Kraft spricht sich rum. Bis heute.

Schmerzhafte Muttergottes

Versteckt hinter einer dunklen Einfahrt in der Herzogspital-Straße ist die wohl berühmteste Münchner Maria zu Hause. Die Kirche des Herzogspitals, St. Elisabeth, hat als Ort überlebt. Die ehemaligen Gebäude des dazugehörigen Servitinnenklosters überstanden den Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges wenigstens zum Teil.

In der schlichten (aber sehenswerten) Kirche aus den 50er Jahren steht die wunderheilige Marienstatue der Schmerzhaften Muttergottes.

Es handelt sich um eine Statue aus dem 17. Jahrhundert, die die Kirche zu einen gefragten Wallfahrtsort machte, weil sie im Jahre 1690 während eines Gottesdienstes auf einmal die Augen aufschlug, sich in der Kirche umsah und die Betenden betrachtete.

Daraufhin verwandelte sich das Kirchlein in einen gefragten Wallfahrtsort, und bald folgte Wunderheilung auf Wunderheilung. Schon sechs Jahre später wurden an die 400 Wunder beglaubigt. 1777 ließ sich der sterbende Herzog Max III. Josef das Gnadenbild sogar an sein Bett bringen. Die Wunder sollen bis zum heutigen Tag anhalten.

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