Rentnerin aus brennender Wohnung gerettet
München - „Das ist der Stoff aus dem Helden geschnitzt sind.“ Die Bewunderung von Amtsrichter Thomas Müller gilt David L. (16). Der Schüler hat am 20. Dezember 2013 eine Nachbarin aus ihrer brennenden Wohnung geholt.
So schildert David selbst seine mutige Rettungstat: „Ich bin von der Schule gekommen. In dem Haus schräg gegenüber von uns rauchte es aus einer Wohnung im dritten Stock.“ Der damals 15-Jährige läuft zu dem Oberschleißheimer Mehrfamilienhaus, ein Nachbar öffnet die Haustür.
David läuft in den dritten Stock und klingelt. „Ich habe durch die Tür das Prasseln des Feuers gehört.“ Und die Stimme von Barbara B. (70). Doch die Rentnerin war offenbar so verstört und benebelt, dass sie aus Furcht vor Fremden die Tür nicht aufmachen wollte. „Da habe ich die Tür eingetreten. Die Frau saß auf dem brennenden Sofa. Ich habe sie rausgeführt.“
Doch damit nicht genug. Als man ihm erzählt, dass noch ein Dackel drin sein müsse, läuft David nochmal in die brennende Wohnung, sucht und findet den verängstigten Hund unterm Bett. Er holt das Tier raus. „Mein lieber Scholli“, entfährt es Richter Müller. Der Schüler habe großen Mut bewiesen.
Ein Arzt sagte David dann, dass er ins Krankenhaus muss. Wegen Ruß-Vergiftung. Auch Barbara B. wurde verletzt. An der linken Hand hatten sich Brandblasen gebildet. Doch dank David hat sie das Inferno überlebt. Als sie ihm vor Gericht wieder begegnet, umarmen sich die beiden innig.
Die gerettete Frau sah sich nach dem Feuer aber mit dem Vorwurf der fahrlässigen Brandstiftung konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Rentnerin mit einer brennenden Zigarette den Brand selber verursacht hat. Ein Sachverständiger und ein Brandfahnder der Polizei bestätigen diese Version.
Barbara B. aber beharrt auf ihrer Unschuld, glaubt an einen technischen Defekt. Ein Test habe ergeben, dass eine Zigarette das Sofa gar nicht in Brand setzen können. Ihr letztes Wort: „Ich war’s nicht.“
Richter Müller konnte sie damit allerdings nicht überzeugen. Aber der Amtsrichter verhängt lediglich eine Verwarnung. Nur wenn sie nochmal straffällig wird, sind 450 Euro Geldstrafe fällig. Ein sehr mildes Urteil.
Barbara B. ist schließlich gestraft genug. Nicht nur die komplette Wohnungseinrichtung wurde ein Raub der Flammen, sie musste zudem mit ihrem Lebensgefährten monatelang in ihrer Gartenlaube leben. Ohne fließend Wasser auf acht Quadratmetern.
Auch deswegen wäre eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage wohl die beste Lösung gewesen. Kommunikationsprobleme zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten das aber verhindert.
Was bleibt ist die Geschichte eines jungen Helden. Davids Mutter sagt im AZ-Gespräch: „Ich bin sehr stolz auf ihn.“ Und David selbst hat sozusagen Feuer gefangen. Sobald er 18 Jahre alt wird, möchte er bei der Feuerwehr anfangen. Um Menschen zu retten.
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