Rentner ruft Schlüsseldienst: Jetzt soll er 636 Euro bezahlen
MÜNCHEN - Ein Monteur eines Schlüsseldienstes nutzt die Not eines 77-Jährigen aus: Einmal Tür aufbrechen kosten 636 Euro – Wucher sagen Experten.
Er hätte eine Nacht im Fünf Sterne Hotel schlafen können. Stattdessen saß Moritz Franke im Hausflur. Der 77-Jährige hatte sich aus seiner Wohnung in Giesing ausgesperrt, rief vor einer Woche den Schlüsseldienst. „Seitdem ist meine Rente vom Januar aufgebraucht“, sagt er. Der Schlüsseldienst zockte Franke mit 636 Euro ab – Wucher, wie Verbraucherverbände und Sachverständige sagen.
Die Filiale des M+K-Dienstes liegt laut Telefonbuch ums Eck von Frankes Wohnung. „Zwei Stunden musste ich warten“, sagt Franke. Der 77-Jährige war gerade nach mehreren Knie-Operationen aus der Klinik entlassen worden, konnte kaum stehen. „Dass ich meinen Schlüssel daheim liegen gelassen hatte, habe ich erst gemerkt, als ich vor der Wohnung stand“, sagt Franke.
340 Euro sofort und das iPhone als Pfand
Als der Handwerker nach einer weiteren Stunde das Sicherheitsschloss geknackt hatte, präsentierte er die Rechnung: 636,76 Euro. Darunter 159 Euro für eine Tür-Notöffnung, 100 Prozent Samstagszuschlag. „Ich war sprachlos“, sagt Franke. 340 Euro musste er sofort zahlen. „Der Monteur wollte mein iPhone als Pfand. Pure Erpressung.“
Auch Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern ist empört: „Über 600 Euro, das geht in Richtung Wucher“, sagt die Rechtsanwältin. Die Rechnung sei voller Abrechnungsfehler: Die Anfahrtpauschale ist doppelt gelistet, 100 Prozent Aufschlag sind anfechtbar, „da die ausgewiesene Tür-Notöffnung bereits bedeutet, dass der Monteur am Wochenende arbeitet.“ Das Knacken dauert mit einer Stunde und 14 Minuten zu lange. Halm: „Zylinderziehen ist Standard.“ Für sie ist der Fall klar: „Das Unternehmen hat die Notsituation des Verbrauchers ausgenutzt.“
"Die Preise sind gerechtfertigt", heißt es beim M+K Schlüsseldienst
Auch der Münchner Sachverständige Günter Dolezel meint: „Die Summe ist definitv zu hoch.“ Ein seriöser Aufsperrdiensten hätte für 215 Euro berechnet. Der M+K Schlüsseldienst sieht das anders. „Die Preise sind gerechtfertigt“, sagte ein Mitarbeiter. „Der Monteur macht nicht nur Knack und die Tür ist auf, da steckt viel Arbeit drin“.
Die hat auch Moritz Franke: Er muss ein neues Schloss einbauen – bislang klafft ein Loch an der Tür. „Ich kann nicht aus der Wohnung“, sagt er. „Das neue Schloss kostet 120 Euro.“
Anne Kathrin Koophamel
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