Rentner raus aus Großraum-Wohnungen?

München - Wohnraum für Familien wird knapp – das ist nicht nur ein Problem in Großstädten wie München. Rund 128 Quadratmeter hat im Schnitt eine fünfköpfige Familie zur Verfügung. Allein stehende Senioren haben durchschnittlich 78,4 Quadratmeter – eine ungerechte Verteilung. Um die Situation auf dem Wohnungsmarkt für die junge Generation mit Kindern zu verbessern, hat IG-Bauchef Robert Feiger eine ungewöhnliche Idee kundgetan.
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Das ist der Vorschlag: Robert Feiger schlägt vor, Senioren in Ballungsräumen mit einer Prämie von 5000 Euro aus ihren Wohnungen zu locken. Sie sollen das Geld dann bekommen, wenn sie bereit sind, aus ihren größeren Wohnungen herauszugehen und in kleinere Wohnungen umzuziehen. So sollen große Wohnungen von Alleinstehenden hin zu Familien umverteilt werden. Feig schlug konkret vor, dass der Staat mit dieser Prämie bei den Kosten für Makler, Renovierung der alten Wohnung und Umzugshelfer beispringt. Vielen älteren Menschen werde ihre Wohnung, gerade wenn sie alleinstehend seien, sowieso zu groß. Der Umzug sei organisatorisch und finanziell aber oft eine zu große Hürde. „Hier muss der Staat helfen“, meint Feiger.
Was die Sozialverbände davon halten: Tatsächlich kommt der Vorschlag von Robert Feiger bei den grundsätzlich Sozialverbänden gar nicht mal so schlecht an. Bettina Schubert, Pressesprecherin des VdK-Verbandes, findet das Ganze einen guten Denkanstoß. „Das ist tatsächlich nicht schlecht gedacht“, sagt sie im Gespräch mit der AZ.
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Wohnraum für junge Familien in den Stadtzentren seien einfach sehr knapp. Sie gehen aus den Städten raus, weil sie in den Ballungszentren nichts Adäquates finden. Viele Senioren hingegen seien allein in Wohnungen, die ihnen eigentlich viel zu groß sind. Diese Entwicklung ist für Städte nicht gut. Wohnviertel sollten bunt gemischt sein und nicht nur aus alten Menschen und Alleinverdienern bestehen.
VdK: „Eine gute Idee, aber eine Prämie allein ist nicht die Lösung“
Allerdings ist sich Schubert nicht sicher, ob es tatsächliche eine Prämie sein muss, mit der dieses Problem angegangen wird. „Geld allein löst dieses Problem meiner Meinung nach nicht.“ Dazu braucht es vor allem auch ein Maß an Sensibilität und Hilfe über das Finanzielle hinaus. Schließlich sollten ältere Menschen nicht einfach aus ihrem gewohnten Umfeld reißen. „Wir sehen die Prämie als eine Anregung dafür, wie vielleicht bestimmte Modell aussehen könnten, die Probleme in diesem Bereich lösen.“ Ähnlich sieht das auch der der Chef des Sozialverbands SoVD, Adolf Bauer. Er nannte die Maßnahme „im Einzelfall sinnvoll“. Er warnte jedoch, eine Prämie dürfe nicht zu sozialem Druck führen: „Kein Mensch darf sich gezwungen fühlen, seine Wohnung räumen zu müssen.“
Was Mieter dazu sagen: Anja Franz, Pressesprecherin des Mietvereins München, sagt der AZ ganz klar: „Diese Prämie ist nicht die Lösung für das Problem.“ Für Familie sei es tatsächlich extrem schwierig, Wohnungen zu finden, die groß genug für sie sind. „Das liegt aber nicht daran, dass es nicht genügend Großraum-Wohnungen gibt, sondern daran, dass viele einfach nicht mehr bezahlbar sind.“ Selbst wenn ein älterer Mieter seine Wohung frei machen würde, dann nützen das die meisten sofort dazu, die Miete zu erhöhen. „Dann haben wir wieder eine große Wohnung mehr, die sich eine Familie nicht leisten kann.“ Franz sagt auch, dass für viele ältere Menschen nicht das Problem ist, dass sie kein Geld für den Umzug hätten, sondern einfach durch ihre alten Mietverträge oft einfach noch vergleichsweise günstig wohnen können.
Ein Beispiel: Anja Franz erzählt im Gespräch mit der AZ von dem Fall eines älteren Herrn, der gerne aus seiner großen Wohnung mit etwa 140 Quadratmeter in eine kleineres Appartement gezogen wäre. Für seine große Wohnung zahlte er rund 800 Euro. „Die kleinere Wohnung, in die er ziehen wollte, hätte mehr als 1000 Euro Miete pro Monat gekostet.“ Der Rentner ist schließlich nicht umgezogen. „Weil ihm die Miete für die viel kleinere Wohnung dann letztlich einfach zu hoch war.“ Deshalb scheuten viele ältere Menschen den Umzug. Denn wieso das gewohnte Umfeld verlassen und auch noch mehr Miete bezahlen?
Kritik am Vorschlag: Bundesbauministerin Barbara Hendricks Barbara Hendricks (SPD) reagiert ablehnend auf den Vorschlag von Feig: Zwar gebe es zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Familien mit Kindern. „Ich halte diesen Vorschlag aber nicht für geeignet, dieses Problem zu lösen.“