Rentner mit Minijobs: Schuften bis ins hohe Alter

40, 50 Jahre schuften und kein Ende: Für viele Münchner Rentner ist das bittere Realität: Laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bayern hatten vergangenes Jahr 13469 Menschen, die über 65 Jahre alt sind, einen Minijob - ein Betroffener erzählt
MÜNCHEN Dabei stieg deren Zahl gegenüber 2003 um 3380 Menschen – ein Zuwachs von 33 Prozent, laut DGB ist das weit höher als der Bundesdurchschnitt.
Rentner mit Minijobs: Walter Fischer ist einer von ihnen. Er ist zwar erst 63, bekommt aber bereits Rente – 790 Euro netto. Das reicht ihm nicht, also arbeitet er seit einem Vierteljahr jeden Freitag und Samstag in der Obst- und Gemüseabteilung des Hit-Supermarkts im Fasangarten. Walter Fischer fängt um sechs Uhr früh an, malocht zehn Stunden die Woche und bekommt 329 Euro. „Ohne Arbeit geht es bei mir nicht“, sagt Fischer. Immerhin ist er vom Fach: Neun Jahre lang arbeitete er in der Gemüseabteilung eines Supermarkts. Die letzten zwei war er stellvertretender Abteilungsleiter. Ein guter Job – und 2500 Euro brutto im Monat. Vor drei Jahren aber musste er wegen einer 50-prozentigen Behinderung in Rente.
Die reicht ihm bei weitem nicht: „Alles ist teuerer geworden“, sagt Walter Fischer, „besonders Obst und Gemüse, ich weiß das ja aus erster Hand.“ Tatsächlich steigen die Preise für Lebensmittel und Energie steigen seit Monaten – also gehen viele als Pförtner oder Wachmann arbeiten. „Manche räumen auch Regale ein“, sagt Verdi-Sprecher Hans Sterr. „Das ist ein Knochenjob.“
Auch die Renten sinken seit Jahren, laut DGB um vier Prozent – das entspricht 50 Euro weniger im Monat. 2007 bekam ein langfristig Versicherter im Westen 1443,21 Euro. Viele sind noch ärmer dran: Wer kurz vor dem Ruhestand auf Hartz IV angewiesen ist, bekommt 20 bis 30 Prozent Rente weniger. In München ist jeder Zehnte zwischen 50 und 64 Jahren betroffen: Im Februar 2008 bekamen hier 14859 von ihnen Hartz IV.
Laut dem DGB würden Mindestlöhne in Niedriglohnbranchen wie Frisöre oder Wachschutz die Rente um ein Drittel steigern. Das wäre laut Gewerkschaften die einzige Chance für die Rentner von morgen, ohne Minijobs auszukommen. Privat vorsorgen kann jedenfalls keiner von ihnen.
Thomas Gautier