René Benko verkauft Traditionsunternehmen aus München an einen der reichsten Männer der Welt

München - Es gibt wohl kaum einen Münchner, der nicht als Kind die Kletterwand in der Sendlinger Straße bewundert hat. Für viele Menschen in dieser Stadt war SportScheck das Nonplusultra, wenn man etwas zum Sporteln brauchte. Es gab dort einfach alles, von der Tauchausrüstung bis zu Tourenski.
Generationen von Münchnern haben dort ihre ersten Bergschuhe bekommen oder an Skikursen in der hauseigenen Skischule teilgenommen, die 1968 sogar die größte der Welt war. Und auch beim Tennis kam man kaum an SportScheck vorbei: 120 Tennisplätze in ganz München hielt das Unternehmen.

Seit 2019 gehörte SportScheck zur Signa Holding von René Benko
Doch die Zeiten sind lange her. Fast wie kein zweites zeigt SportScheck exemplarisch den Niedergang eines Münchner Traditionshauses. Nun kommt eine weitere Episode hinzu und sie wirkt ebenfalls unrühmlich.
Schon seit Anfang der 1990er Jahre gehörte SportScheck zum Otto-Konzern. Dieser verkaufte den Händler schließlich Ende 2019 an die Signa Holding, die dem umstrittenen österreichischen Immobilien-Mogul René Benko gehört. Viele werfen dem Inhaber von Galeria Kaufhof vor, nur auf die hochwertigen Immobilien scharf gewesen zu sein – und die Mitarbeiter der Kaufhäuser im Regen stehen zu lassen. Doch nun hat Benkos Signa Retail den deutschen Sportartikel-Filialhändler an das britische Unternehmen Frasers verkauft, teilte dieses am Dienstag mit.
Ein offenes Geheimnis: Die Signa-Gruppe von René Benko braucht Geld
In der SportScheck-Kette arbeiten rund 1.100 Mitarbeiter in 34 Filialen samt Online-Shop, der Umsatz liegt bei rund 350 Millionen Euro. Wie viel Frasers für SportScheck bezahlt hat, ist nicht bekannt.
Dass Benkos Signa-Gruppe jedoch einen großen Finanzbedarf hat, ist in Wirtschaftskreisen kein Geheimnis. Der Mann, der vor allem mit Immobilien reich geworden ist, dürfte sonst kaum sein Prestigeobjekt, das Berliner Kaufhaus des Westens (Kadewe) verkauft haben. Im Frühjahr wurde jedoch bekannt, dass 49,9 Prozent der Anteile am Gebäude an die thailändische Central Group verkauft wurden.
Zuletzt wurde das Immobilien-Imperium von René Benko um mehr als eine Milliarde Euro abgewertet
Zudem verkaufte Benko die bekannten österreichischen Möbelhausketten Kika und Leiner im Sommer. Die operative Sparte der beiden Häuser meldete kurz nach dem Verkauf Insolvenz an. Inzwischen sieht es auch bei den Immobilien in Benkos Imperium düster aus. Der "Spiegel" berichtet, dass das Immobilienportfolio der Signa Prime Selection um mehr als eine Milliarde Euro abgewertet worden sei.
Genau jene Tochterfirma, die Benkos wichtigste Immobilien managt, von rund 18 Milliarden Euro soll laut "Spiegel" die Rede sein. Nur hat eben diese Tochter Verluste gemacht. Die Sportsparte läuft ebenfalls nicht gut, obwohl die Signa Sports United erst vor zwei Jahren an die New Yorker Börse gegangen war und damals laut Medienberichten drei Milliarden Euro wert war.
Der Milliardär Mike Ashley will René Benko SportScheck nun abkaufen
Nun gibt es innerhalb von Benkos Unternehmenskonglomerat Streit. Nach einem Bericht der österreichischen Tageszeitung "Die Presse" will die Sportsparte nicht hinnehmen, dass Benko seine Zusage auf eine Eigenkapitalspritze von 150 Millionen Euro zurückgezogen hat. Es soll ein Rechtsstreit drohen, wie es am Dienstag hieß.
Unabhängig davon ist der Verkauf von SportScheck an die Firma des britischen Milliardärs Mike Ashley eine Tatsache. Die Wettbewerbsbehörden müssen der Übernahme jedoch noch zustimmen. "Die Übernahme ermöglicht es Frasers, seine Präsenz in Deutschland auszubauen, einem der größten Sportartikel-Märkte in Europa", heißt es in einem Pressestatement.
Was aus den SportScheck-Mitarbeitern in München wird, ist noch nicht klar
Frasers betreibt eine Sportkette namens Sports Direct, die auch mit Nike und Adidas kooperiert. Zudem hält Ashley unter anderem Anteile an der deutschen Modemarke Hugo Boss. Allerdings gilt er in der Branche als bekannt für seine sprunghaften Entscheidungen. Die "Börsen-Zeitung" bezeichnete ihn als "das Enfant terrible des britischen Einzelhandels". Jedoch ist die Firma, die inzwischen sein Schwiegersohn leitet, erfolgreich. Sowohl Umsatz als auch Rendite sind heuer gewachsen.
Auf Anfrage der AZ nahm das Unternehmen Frasers keine Stellung zu den Folgen der SportScheck-Übernahme für die Mitarbeiter oder der Frage, ob alle Filialstandorte bestehen bleiben. "Was genau die Auswirkungen des Verkaufs für die Beschäftigten sein werden, können wir noch nicht sagen", sagt Dominik Datz, Gewerkschaftssekretär bei Verdi. Geplant sei aber, dass die Gewerkschaft genau hinsehe und den Vorgang kritisch begleiten werde.