René Benko gibt sein Imperium auf – und hinterlässt in München einen Trümmerhaufen

Der österreichische Selfmade-Milliardär René Benko, dem Galeria gehört und viele 1a-Grundstücke in München hat, ist nicht mehr der Chef seines Konzerns. Die Folgen für München.
von  Nina Job
Schluss mit guter Laune: René Benkos Imperium zerfällt. Er selbst zieht sich zurück.
Schluss mit guter Laune: René Benkos Imperium zerfällt. Er selbst zieht sich zurück. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

München - Immer dunklere Wolken haben sich in den vergangenen Wochen über dem Firmenreich des Tiroler Immobilien-Gurus René Benko zusammengebraut. Nun hat es gekracht, aber gewaltig: Der Selfmade-Milliardär, der mit 17 die Schule abbrach und mit 20 seine erste Million Schilling machte – und fortan mit Chauffeur fuhr – ist entthront.

Er galt mal als "Kaufhauskönig" und für einige als der "womöglich einflussreichste Immobilien-Kaufmann im deutschsprachigen Raum" – besaß seine Signa doch Filet-Grundstücken in München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Wien und entwickelte Großobjekte.

SportScheck in München verkauft: René Benkos Signa-Gruppe hat Zahlungsschwierigkeiten

Doch nun haben ihn die Geldgeber, die seine Expansionslust jahrelang unterstützt haben, entmachtet. Der verschachtelte Großkonzern ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Bereits in den vergangenen Monaten versuchte der Konzern, Grundstücke und Immobilien wieder zu versilbern, darunter in München die Galeria-Immobilie am Rotkreuzplatz und das ehemalige Kaut-Bullinger-Gebäude samt Grundstück mitten in der Innenstadt. Für jeweils 100 Millionen Euro kamen sie auf den Markt.

Bei Galeria am Rotkreuzplatz geht seit langem die Angst um, dass hier bald Schluss sein könnte.
Bei Galeria am Rotkreuzplatz geht seit langem die Angst um, dass hier bald Schluss sein könnte. © imago/HRSchulz

Zudem verkaufte die Signa Tochterunternehmen – darunter SportScheck in München, für andere musste bereits Insolvenz angemeldet werden: zuletzt das Handelsunternehmen Signa Sports United (SSU). Inzwischen mussten Großprojekte gestoppt werden, darunter der Bau des spektakulären Elbtowers in Hamburg – Rechnungen konnten nicht mehr bezahlt werden.

Viele einflussreiche Geldgeber finanzierten die Signa von René Benko

Der ehrgeizige Benko hatte schon früh Finanziers für seine Projekte gewinnen können, so konnte er immer größer werden. Sein erster Investor war ein Tankstellenerbe, der Millionen lieh, damals war Benko 24. Später unterstützten ihn ein windiger Reeder, die skandalträchtige Falcon Bank, eine Tochter des Staatsfonds von Abu Dhabi und ein Diamantenhändler, gegen den das FBI wegen Korruptions- und Geldwäscheverdacht ermittelte.

Später setzte er auf seriöse Namen wie Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner oder Ex-Lindt-Chef Ernst Tanner, mit DJ Ötzi soll er befreundet sein. Auch Formel-1-Legende Nikki Lauda steckte seinerzeit Geld in die Signa, wie auch die Berater-Legende Roland Berger, Fressnapf-Gründer Torsten Toeller oder Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.

Die Investoren freuten sich über hohe Renditen, Benkos Signa expandierte immer weiter und Benko selbst wurde immer reicher. Auf 5,4 Milliarden schätzte das "Forbes"-Magazin 2021 sein Vermögen. Die Geldgeber haben ihn groß gemacht, nun aber haben sie ihn abgesägt, Investoren wie der Fressnapf-Gründer Torsten Toller hatten ihm das Vertrauen entzogen. Am vergangenen Freitag ist Benko schließlich zurückgetreten und überlässt nun den Investoren das Feld.

Sanierer Arndt Geiwitz bewahrte Galeria Karstadt Kaufhof bereits zwei Mal vor dem Aus

Die österreichische Zeitung "Die Krone" hatte als Erste darüber berichtet. Sie schreibt: "Das Immobilienkonstrukt liegt in Trümmern, nun könnte eine Zerschlagung des Konzerns folgen." Das Schiff im Sturm übernimmt nun der Sanierer Arndt Geiwitz. Er hatte schon zwei Mal die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die zur Signa-Gruppe gehörte, vor dem Aus bewahrt.

Der Preis dafür war hoch: Zig Filialen in Deutschland mussten geschlossen werden, Hunderte Angestellte verloren ihren Arbeitsplatz. Und trotz des unvorstellbaren Reichtums des René Benko musste der Steuerzahler mit 600 Millionen Euro für die Warenhauskette bluten. Nichtsdestotrotz mehren sich nun wieder Berichte, dass der Kaufhauskette das Geld ausgehen würde und das Geschäft deutlich unter Plan sei.

Droht auch hier ein Baustopp? 1905 wurde das Warenhaus Tietz eröffnet.
Droht auch hier ein Baustopp? 1905 wurde das Warenhaus Tietz eröffnet. © IMAGO/Sven Simon

In München fiel der zweiten Galeria-Insolvenz dieses Jahr die Karstadt-Filiale am Hauptbahnhof zum Opfer. Die knapp 300 Mitarbeiter fühlten sich belogen und betrogen von Benko, gab es doch das Versprechen, dass sie in das denkmalgeschützte Hermann-Tietz-Gebäude gegenüber vom Hauptbahnhof umziehen dürfen, wenn es fertig saniert ist. Beide Immobilien gehören zum Signa-Imperium. Stattdessen wurde der Standort Hauptbahnhof ersatzlos gestrichen. Mit dem Tietz-Bau hat die Signa offenbar anderes vor.

Das Karstadt-Gebäude zwischen Hauptbahnhof und Karlsplatz in München steht leer

Für das Karstadt-Gebäude zwischen Hauptbahnhof und Karlsplatz gab es große Pläne. Hier sollte nach Entwürfen aus dem Büro des Star-Architekten David Chipperfield ein riesiger, neuer Gebäudekomplex mit vorwiegend Büros entstehen, für das Erdgeschoss waren Ladenflächen vorgesehen.

Eine von Benkos Großbaustellen in München: In das Warenhaus-Denkmal gegenüber vom Hauptbahnhof sollte eigentlich Galeria wieder einziehen. Das Versprechen wurde gebrochen.
Eine von Benkos Großbaustellen in München: In das Warenhaus-Denkmal gegenüber vom Hauptbahnhof sollte eigentlich Galeria wieder einziehen. Das Versprechen wurde gebrochen. © anf

Seit Ende Juni steht der wuchtige Bau aus den 70ern nun leer, zeitweise sind Obdachlose und Drogenabhängige eingedrungen, nun fährt die Polizei öfter Streife. Geschäftsleute und Nachbarn fürchten, dass das Gebäude am Tor zur Altstadt nun noch jahrelang vor sich hingammeln wird. Bislang liegt weder ein Antrag auf Abriss vor noch auf Baugenehmigung.

Auch an einem anderen zentralen Ort, zwischen Sendlinger Straße und Marienplatz, herrscht Stillstand: Dort wollte die Signa das frühere Kaut-Bullinger-Haus abreißen und ein neues Geschäftshaus mit 3170 Quadratmeter Bürofläche bauen. Dann bot die Signa das Gebäude im Frühjahr überraschend zum Verkauf an.

Experte rechnet für München mit großflächigen Baustopps bei Immobilien von René Benko

Stephan Kippes, der jahrzehntelange Immobilienmarkt-Kenner und Chef des Marktforschungsinstituts IVD, fürchtet für München einen großflächigen Baustopp oder halb fertige Baustellen bei Benko-Immobilien.

Die Alte Akademie: So soll sie ausschauen, wenn alles fertig ist. Geplant war dies bereit für Ende 2023.
Die Alte Akademie: So soll sie ausschauen, wenn alles fertig ist. Geplant war dies bereit für Ende 2023. © Signa

Viele Fragen stellen sich nun auch zum Immobilien-Sahnestück Alte Akademie. Die Signa hat es 2013 im Erbbaurecht vom Freistaat erworben - und wollte ursprünglich 2023 mit den Umbau- und Revitalisierungsarbeiten fertig sein. Sämtlich Büros (mehrere Hundert Arbeitsplätze), die darin entstehen sollen, sind bereits an den Schweizer Großkonzern Novartis vermietet. Doch die Arbeiten sind offenbar massiv in Verzug. Ein Novartissprecher teilte der AZ mit, man rechne nicht mehr damit, im Laufe des Jahres 2024 einziehen zu können.

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