Reichen 15 Euro wirklich? So kommt die Mindestlohnforderung des Kanzlers in München an

Bundeskanzler Olaf Scholz fordert eine Anhebung des Mindestlohns. Was würden 15 Euro in München bewirken? Auf Gewerkschaftsseite freuen sich manche, andere sagen, es müsste viel mehr sein und die Arbeitgeberseite hält nichts von solchen Ideen.
von  Natascha Probst
Angesichts der Preissteigerung der vergangenen Jahre müsste der Mindestlohn in München bei 17 Euro liegen, meint die Gewerkschaft Verdi.
Angesichts der Preissteigerung der vergangenen Jahre müsste der Mindestlohn in München bei 17 Euro liegen, meint die Gewerkschaft Verdi. © dpa

München - Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Anhebung des Mindestlohns auf bis zu 15 Euro fordert, hört Simone Burger, die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) München, gerne. Der DGB unterstütze die Forderung des Kanzlers, sagt sie der AZ. Die zweimalige Anhebung des Mindestlohns um nur 41 Cent sei ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten gewesen.

Der DGB selbst fordert einen Mindestlohn von 14 oder 15 Euro. Dabei stützt man sich auf eine EU-Richtlinie, die einen Mindestlohn von 60 Prozent des Median-Einkommens vorsieht. Ob diese Forderung nun auch für eine teure Stadt wie München ausreiche? Nein, findet Burger. Als Existenzminimum in München würde man einen Mindeststundenlohn von 16 Euro festlegen.

Allerdings sei klar, dass ein Mindestlohn bundesweit umgesetzt werden müsse. Dachau könne keinen anderen Mindestlohn festlegen als München. Jedoch müsse man "traurigerweise" sagen, dass ein Mindestlohn von 15 Euro auch in München "schon echt vielen Menschen helfen würde", sagt Burger.

Debatte um Mindestlohn in München: "14 Euro würden auf keinen Fall mehr reichen"

Heinrich Birner, Verdi-Geschäftsführer des Bezirks München und Region, ist anderer Meinung. Die Gewerkschaft habe immer gesagt, dass zwölf Euro – jetzt 12,48 Euro – Mindestlohn nicht genug sei. "Unsere Forderung waren 14 Euro." Nach zwei Jahren "exorbitanter Preissteigerungen" müsse er jedoch sagen, dass die 14 Euro für München auf keinen Fall mehr ausreichten.

Beim Mindestlohn gelte ähnlich wie bei der allgemeinen Lohnfindung: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei gleichen Lebenshaltungskosten". So könne man Lohnaufschläge auch in Hochpreisregionen wie München begründen, meint Birner. Wenn der bundesweite Mindestlohn auf 15 Euro angehoben werden sollte, was Birner für notwendig hält, dann müsse der Mindestlohn in München mindestens 17 Euro betragen.

Die Arbeitgeberseite indes hält nichts von solchen Ideen. Ein Münchner Mindestlohn sei nicht akzeptabel, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw): Das Vorhaben sei ein weiterer Eingriff in die Tarifautonomie.

Ein eigener Mindestlohn für München? Vieles bliebe ungeklärt

Der Münchner Mindestlohn wäre zudem nicht trennscharf: Ungeklärt sei etwa die Frage, wie ein Unternehmen damit umgehen soll, wenn das Personal nur teilweise in München zum Einsatz komme. Zudem sehe das Mindestlohngesetz bewusst von regionalen Differenzierungen der Mindestlohnhöhe ab.

Die gesetzlich überproportionale Anhebung des Mindestlohns von 10,45 Euro auf zwölf Euro im Jahr 2022 muss laut Brossardt eine einmalige Ausnahme bleiben. Spielräume für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns gebe es nicht: Die Wirtschaft befinde sich "im schwierigen Fahrwasser". Jetzt dürfe es keine weiteren Belastungen geben.

Ob Burger denkt, dass der Mindestlohn von 15 Euro angesichts der Gegenstimmen der Arbeitgeber Realität werden könne? Sie glaubt daran. Angesichts der immensen Preissteigerungen und der hohen Mietpreise seien mindestens 14 Euro eine berechtigte und notwendige Forderung der Arbeitnehmer.

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