Regine Keller: "Auch die kackenden Tauben spielen eine Rolle"

AZ: Frau Keller, um welchen Münchner Platz machen Sie einen großen Bogen? REGINE KELLER: Oh, hm. Den Stiglmaierplatz. Da ist kein Raum mehr, er ist zu sehr segmentiert. Für mich verdient er den Namen "Platz...
Anja Perkuhn |
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Der Englische Garten ist die berühmteste Günanlage Münchens. Doch nicht überall werden die Parks so schön gepflegt.
dpa Der Englische Garten ist die berühmteste Günanlage Münchens. Doch nicht überall werden die Parks so schön gepflegt.

Im Rahmen unserer Serie "Mehr Platz für München" gehen wir der Frage nach, wie Plätze in Zukunft aussehen müssen. Wir haben uns mit Expertin Regine Keller unterhalten. 

Plätze sind mehr als Bänke, Bäume und Brunnen – sie regulieren auch das Klima, erklärt Expertin Regine Keller. Wir haben mit ihr gesprochen.

AZ: Frau Keller, um welchen Münchner Platz machen Sie einen großen Bogen?
REGINE KELLER: Oh, hm. Den Stiglmaierplatz. Da ist kein Raum mehr, er ist zu sehr segmentiert. Für mich verdient er den Namen "Platz" nicht mehr.

Kann man ihn noch retten?
Sicher! Es ist eine der ersten Erkenntnisse aus unserer Studie "100Places M", die wir gerade gefördert vom Bayerischen Umweltministerium machen, dass viele Plätze durch Verkehrsinfrastruktur so in Anspruch genommen sind, dass sie nicht mehr zum Verweilen einladen. Die Stadt ist sich aber bewusst, dass man droht, eine Qualität zu verlieren, wenn man Plätze nur noch der Mobilität preisgibt.

"Alle Autos raus" ist nicht die Lösung

Nimmt sie Autos zu wichtig?
Ich glaube, das ist einfach eine Folge von Stadtwachstum, von Dichte und einer hohen Notwendigkeit von Mobilität. Es wäre absurd, zu sagen: "Alle Autos raus und dann wird es wunderbar." Es ist, wichtig, dass man die Innenaltstadt noch autofreier denkt. Aber da tut sich ja schon viel.

Gute Plätze - damit meinen Sie ja nicht nur: Bänke, Bäume und Brunnen.
Nein. Plätze sind wichtig als Begegnungsort, für die Ästhetik, als menschliche Bühne, als Infrastruktur. Aber der Baum zum Beispiel soll nicht nur schön sein. Auch die Biene im Baum, der Käfer auf dem Cafétisch und die Tauben, die auf eine Statue kacken, spielen eine größere Rolle. Unser Ziel ist es, dass ein Platz die kleinklimatische und ökosystemare Situation vor Ort verbessert. Dafür gibt es extrem viele Komponenten, die wir erforschen und verstehen wollen.

Wie finden Sie dann solche Ideen wie: Es sollte wieder einen Stadtbach geben?
Der Verein Green City hat da seine Rolle genau richtig gespielt: Er hat in den Menschen Emotionen geweckt. Unser Ziel ist es aber gerade nicht, Designvorschläge zu machen. Der Stadtbach an der Erdoberfläche ist bisher nur eine Art Bühnenbild. Wir würden zum Beispiel mit einem Stadtklimatologen und einem Ökologen erst einmal prüfen, ob der einen ökosystemaren Mehrwert hat.

Plätze an vergessenen Orten?

Schöne Plätze zum Verweilen: Darf man sowas in einer Leistungsgesellschaft überhaupt noch gestalten wollen?
Gerade weil wir so leistungsgetrieben sind, ist ja der öffentliche Raum oft der einzige, in dem die Menschen noch die wenigen Minuten freie Zeit verbringen, die sie haben.

Wo würden Sie so etwas in München gern neu schaffen?
Es gibt einige vergessene Orte, Restflächen im Stadtgeflecht, wie unter der Donnersbergerbrücke oder an der Lerchenauer Ecke Schleißheimer Straße. Die hätten schon Potenzial.

Wird bei diesem Thema zu oft über die Kosten gesprochen?
Nein. Der Fehler ist es nur, zu denken: Das ist eine finanzielle Belastung. Es ist nämlich eine Entlastung, Plätze machen einen Ort lebenswerter und bringen damit Gegenwert. Außerdem ist die Stadt so reich, die kann das schon verkraften.

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