Rede im Bayerischen Hof: Stoibers Rundumschlag

München - Edmund Stoiber ist noch immer für einen vollen Saal gut. Bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsbeirats der Union (WBU) vor 400 Gästen im Hotel Bayerischer Hof hat der ehemalige CSU-Chef zum Rundumschlag ausgeholt. Eigentlich war das vorgegebene Thema „Brexit“, doch der 74-Jährige ließ sich über nahezu alle aktuellen Themen aus: Flüchtlinge, Rechtspopulisten, die Entwicklung in der Türkei.
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Der Redefluss des ehemaligen Ministerpräsidenten hinderte einen Gast aber nicht daran, eine hinterlistige Frage zu stellen: Er stimme hundertprozentig mit den CSU-Positionen überein, sagte er, aber könne man bei der Bundestagswahl 2017 denn Bundeskanzlerin Angela Merkel wieder als Kanzlerin wählen? Werde sie dann nicht in ihrer falschen Flüchtlingspolitik bestärkt? „Wie sollen wir wählen?“, flehte er Stoiber an.
Kanzlerkandidat Seehofer?
Der Mann musste einigermaßen unbelehrt nach Hause gehen. Immerhin: Eine halbe Antwort erhielt er von Stoiber: Sein Nachfolger Horst Seehofer habe klargestellt, dass nur er bei der Bundestagswahl in Bayern plakatiert werden solle. Und es sei auch möglich, dass Seehofer auf der Bundestagsliste der CSU kandiere. Und dann sagte der ehemalige CSU-Kanzlerkandidat noch einen rätselhaften Satz: „Die Hoffnung, die Sie angesprochen haben, bleibt ja“. Also vielleicht doch ein Kanzlerkandidat Seehofer? Eine regelrechte Verbeugung machte Stoiber vor dem neuen österreichischen Kanzler Christian Kern (SPÖ) und seinem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), die in Sachen Türkei-Beitritt zur EU „endlich einmal Klartext“ geredet hätten.
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Dagegen machte er aus seiner Enttäuschung über die Reaktion der EU und Kommissionschefs Jean-Claude Juncker auf das Brexit-Votum keinen Hehl. Juncker sei aufgetreten, „als wollte er die Briten bestrafen“, kritisierte Stoiber. Auch Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) habe „Drohungen ausgesprochen“. „Das kann man nicht machen“, meinte er. Und dann gab es noch einen Seitenhieb in Richtung Kanzlerin: Nur zu sagen, „Wir wollen ein besseres Europa“, reiche ihm nicht. Man müsse jetzt konkrete Schritte unternehmen wie etwa die Rückverlagerung von Zuständigkeiten an die Mitgliedsstaaten oder deren Regionen.