Reallöhne in Deutschland steigen – gleichzeitig werden viele Menschen in München immer ärmer

München - Im Gegensatz zum Nominallohn, der nur die Summe des Geldes betrachtet, das am Ende auf dem Konto des Arbeitnehmers landet, wird mit dem Reallohn die tatsächliche Kaufkraft des Geldes gemessen. Faktoren wie die Inflationsrate sind entsprechend schon mit einberechnet.
Steigende Reallöhne in Deutschland: ein Aufwärtstrend?
Auch wenn der Anstieg der Löhne mit nur 0,1 Prozent minimal wirkt, bezeichnet er dennoch einen Aufwärtstrend.
Wie das Statistische Bundesamt berichtet, überstiegen die Gehaltserhöhungen mit 6,6 Prozent im letzten Quartal die Erhöhung der Verbraucherpreise (6,5 Prozent Preisanstieg) erstmalig seit zwei Jahren. Für München sind aktuell noch keine genauen Zahlen bekannt.
"ver.di"-Geschäftsführer Heinrich Birner: "Das ist ein Einmaleffekt"
Woran dieser Trend jedoch vermutlich liegt, ist deutlich ernüchternder. Für Heinrich Birner, Geschäftsführer bei "ver.di-München", gibt es vor allem einen Grund, warum ein Wachstum der Reallöhne zu erkennen ist: "Die Steigerung im 2. Quartal 2023 hängt zu einem hohen Anteil mit der Inflationsausgleichsprämie zusammen. Diese wird aber nicht dauerhaft, also nachhaltig, bezahlt. Das ist ein Einmaleffekt."
Auf AZ-Anfrage führte der Experte aus: "Außerdem ist für Arbeitnehmer*innen nicht die generelle Inflation (6,5 Prozent) der Gradmesser, sondern die Inflation der Lebensmittelpreise. Diese sind um 11 Prozent gestiegen. Seit Anfang 2021 sogar um 30 Prozent." Die Berichterstattung der "tagesschau" zu dem Thema zeichne dabei ein positives Bild ab, dass so nicht der Realität entspreche.
"Die Einkommen sind 2023 durch Tarifabschlüsse, die die Gewerkschaften ausgehandelt haben, deutlich höher gestiegen als in den Jahren zuvor. Ohne die einmalige Inflationsausgleichsprämie liegen sie aber deutlich unter der Preissteigerungsrate", bemängelt Birner an der Darstellung.
Steigende Reallöhne: Wer von dem Standort München profitiert
Doch nicht jeder Arbeitnehmer findet sein Glück in der bayerischen Landeshauptstadt: "München ist für Unternehmen der Tech-Branche ein sehr attraktiver Standort. Wegen der Ökosysteme in Sachen Digitalisierung, der Flugverbindungen in alle Welt und weil die Adresse München im Briefkopf fast schon ein Markenzeichen für sich ist. Für Arbeitnehmer, die nicht im hohen Einkommensbereich verdienen, ist München dagegen in keinster Weise mehr attraktiv. Viele können sich die hohen Mieten und die hohen Preise in München schlichtweg nicht mehr leisten", antwortet Birner auf die Frage, ob München im Vergleich zu anderen Städten attraktiv für Arbeitnehmer wäre.
In München leben im Schnitt die wohlhabendsten Deutschen
Im deutschlandweiten Vergleich ist München bei dem verfügbaren Einkommen pro Einwohner mit verhältnismäßig großem Abstand auf Platz Eins. An zweiter und dritter Stelle kommen Düsseldorf und Stuttgart. Zum Vergleich: Dem durchschnittlichen Duisburger steht pro Jahr nur knapp halb so viel Geld zu Verfügung, wie einem Münchner Einwohner.
Bei solchen Vergleichen muss jedoch immer in Betracht gezogen werden, wie hoch die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Städten sind – nach Miete und anderen Kosten fallen die Unterschiede auf dem Konto dann meist doch geringer aus.
Knapp 30.000 Euro hat der durchschnittliche Münchner pro Jahr übrig
Dem durchschnittlichen Münchner standen dabei im Jahr 2020 knapp über 30.000 Euro zur Verfügung. Das verfügbare Einkommen beschreibt den Betrag, den eine Person nach Abrechnung von Sozialleistungen und Steuern am Ende noch für Konsum oder Ersparnisse übrig hat. Die Zahlen sind dabei nur für private Haushalte gemessen.