Razzia nach antisemitischer Hetze in München: Ermittlungen gegen neun Verdächtige

In sechs bayerischen Regierungsbezirken sind am Dienstagmorgen Wohnungen durchsucht worden, auch in und um München. Die Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie Billigung von Straftaten.
von  Ralph Hub
Polizisten verlassen während einer Wohnungsdurchsuchung ein Haus. Bei der Razzia während des "Aktionstages PLUS gegen Antisemitismus" wurden in den frühen Morgenstunden diverse Objekte in ganz Bayern durchsucht.
Polizisten verlassen während einer Wohnungsdurchsuchung ein Haus. Bei der Razzia während des "Aktionstages PLUS gegen Antisemitismus" wurden in den frühen Morgenstunden diverse Objekte in ganz Bayern durchsucht. © Peter Kneffel/dpa

München - Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober nimmt der Antisemitismus  in ganz  Deutschland stark zu. In Bayern hat die Polizei am Dienstagmorgen bei 17 Verdächtigen die Wohnung durchsucht, davon alleine neun Wohnungen in München und dem Landkreis München.

Das Bayerische Landeskriminalamt veröffentlichte drei besonders schlimme Beispiele von Hass und Hetze im Internet: "Die jüdischen Söhne" hätten nichts anderes verdient, als "abgeschlachtet und ausgelöscht zu werden", hat ein 31-jähriger Deutschtürke in seinem Social-Media-Account gehetzt. Der Post endet mit der Parole "Free Palästine" und der Palästinaflagge. 

Antisemitismus-Razzia in München: Schüler verbreitet Holocaust verharmlosenden Sticker bei Whatsapp

Ein 37-Jähriger postete kurz nach dem Massaker der Hamas neben einem Hitlerbild den Satz: "Ich könnte alle Juden töten, aber ich habe einige am Leben gelassen, um Euch zu zeigen, wieso ich sie getötet habe." Sein Post endet ebenfalls mit der Parole "Free Palästine" und einem Emoji mit Victoryzeichen.

Ein weiterer Beschuldigter, der am Dienstag frühmorgens Besuch von der Polizei bekam, ist noch Schüler. Er hatte in einem Whatsapp-Klassenchat einen Sticker eines Clowns mit der Aufschrift "Gas the Jews" verschickt.

Ein Polizeiwagen steht während einer Wohnungsdurchsuchung vor einem Haus. Bei der Razzia während des "Aktionstages PLUS gegen Antisemitismus" wurden in den frühen Morgenstunden diverse Objekte in ganz Bayern durchsucht.
Ein Polizeiwagen steht während einer Wohnungsdurchsuchung vor einem Haus. Bei der Razzia während des "Aktionstages PLUS gegen Antisemitismus" wurden in den frühen Morgenstunden diverse Objekte in ganz Bayern durchsucht. © Peter Kneffel/dpa

München Schwerpunkt der Razzia

Durchsucht wurden insgesamt 17 Wohnungen von eben so vielen Beschuldigten in sechs bayerischen Regierungsbezirken. Durchsuchungen gab es nach Angaben er Sicherheitsbehörden in Füssen und Kaufbeuren sowie in den Landkreisen Passau, Fürstenfeldbruck, Berchtesgadener Land, Coburg, Aschaffenburg und Haßberge. Bei den Verdächtigen handelt es sich um zwei Frauen und 15 Männer im Alter zwischen 18 und 62 Jahren.

Schwerpunkt der Razzia am Dienstag war München. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft und der Polizei wurden im Stadtgebiet und dem Landkreis neun Wohnungen durchsucht. Dabei wurden Handys und Laptops als Beweismittel sichergestellt.

Ermittelt wird im Raum München gegen neun Männer im Alter zwischen 18 und 57 Jahren. Es handelt such um mehrere Deutsche, einen Deutschtürken, einen Türken und einen Syrer. Acht von ihnen waren zu Hause, als die Polizei kam. Einer wurde laut Polizei nicht angetroffen. Über seinen Verbleib liegen keine Informationen vor. 

Der Vorwurf lautet in allen Fällen auf Volksverhetzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen sowie Billigung von Straftaten.

"Eindeutiges Signal gegen Antisemitismus" von Polizei und Justiz in Bayern

Justizminister Georg Eisenreich und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) betonten, Polizei und Justiz in Bayern hätten "ein deutliches Signal gegen Antisemitismus" gesetzt. "Volksverhetzung kann in schweren Fällen auch Freiheitsstrafen zur Folge haben", warnte Eisenreich die Verfasser von Hassbotschaften.

Die Strafverfahren sollen keine schlagzeilenträchtige Einmalaktion bleiben: "Durch die akribische Auswertung der Beweismittel erhoffen wir uns auch neue Ermittlungsansätze zu weiteren Taten und Tätern", sagte Innenminister Joachim Herrmann.

Zahl der antisemitischen Vorfälle in Bayern seit Hamas-Angriff auf Israel vervielfacht

Nach Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Bayern gab es zwischen 7. Oktober und 9. November 148 antisemitische Vorfälle in Bayern, eine Vervielfachung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Über 90 Prozent standen demnach in Zusammenhang mit den Gräueltaten der Hamas und des anschließenden israelischen Gegenangriffs im Gaza-Streifen.

"Seit dem 7. Oktober erleben auch Jüdinnen und Juden in Deutschland einen psychischen Terror", sagte laut RIAS-Mitteilung Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. "Zu lange haben wir zugelassen, dass Antisemitismus über rechtsextreme Kreise, über eine linksradikale Dämonisierung Israels oder islamistische Fanatiker bis in die Mitte unserer Gesellschaft vordringt."

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