Rassismus vor der Disco? Klage endet mit Vergleich

Prozess am Amtsgericht: 40-Jähriger verklagt den Inhaber des „Pimpernel“, weil dessen Türsteher ihn nicht reingelassen hat. Genauso ist es ihm in vielen anderen Münchner Clubs ergangen.
John Schneider |
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Vergleich vor Gericht: Pimpernel-Chef Sven Künast (l.) und Kläger Hamado Dipama.
jot Vergleich vor Gericht: Pimpernel-Chef Sven Künast (l.) und Kläger Hamado Dipama.

München  „Gemischte Gefühle“ hatte Hamado Dipama (40) nach dem Ende der Gerichtsverhandlung. Mit dem erreichten Vergleich war er zwar nicht so glücklich, doch sein wichtigstes Ziel hat das Mitglied des Ausländerbeirats mit seiner publikumswirksamen Klageserie erreicht: Das Thema Rassismus im Münchner Alltag ist wieder auf der Agenda.

So lief der Prozess: Der 40-Jährige hatte vor dem Amtsgericht auf Unterlassung und Schmerzensgeld (500 Euro) gegen den Inhaber des „Pimpernel“ geklagt. Weil ihn dessen Türsteher an der Pforte zum Club abgewiesen hatte. Für den aus Burkina Faso stammenden Postangestellten ein klarer Fall von Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe. Denn vor und nach ihm waren noch hellhäutige Gäste eingelassen worden.

Pimpernel-Chef Sven Künast wehrte sich gestern vehement gegen die Vorwürfe. Selektiert werde zwar an der Tür seines Clubs. Aber nicht reingelassen werden nur Menschen, die stark alkoholisiert sind oder unter Drogeneinfluss stehen, mit einer Abfuhr müssen allenfalls noch Zeitgenossen rechnen, die aggressiv sind oder schlechte Stimmung machen.

Das sei auch im Fall von Hamado Dipama so gewesen, habe ihm sein Türsteher versichert, der sich noch gut an den Vorfall erinnere. Dass er Dipama mit dem Spruch „Nur für Stammgäste“ abgewimmelt haben soll, streitet der Türsteher ab.

Diskriminierung wegen der Hautfarbe? „Gibt es, ganz klar. Aber nicht im Pimpernel“, sagt Künast. „So ein Vorgehen würde ich nicht dulden.“

Sein Anwalt Benno Ziegler berichtet, dass der Türsteher Dipama wegen der schlechten Stimmung, die dieser verbreitet habe, abgewiesen hatte. Warum das nicht im Schlichtungsverfahren angesprochen wurde, wunderte sich Dipamas Anwältin Susanne Gerhards.

Amtsrichterin Cathleen Baumgartner schlug einen Vergleich vor: Beide Seiten räumen ein, dass auch die Sicht des jeweils anderen zutreffend sein könnte. Rassismus an der Pimpernel-Pforte? Möglich. Möglich aber auch, dass Dipama aus „Sachgründen“ nicht eingelassen wurde. So geschah es.

Es ist bereits der dritte Vergleich in Sachen Hamado Dipama. Der Club in der Müllerstraße gehörte zu den 25 Münchner Lokalen, die Dipama im April 2013 getestet hatte. Mit desaströsem Ergebnis: Er und sein dunkelhäutiger Spezl wurden in fast allen Clubs abgewiesen. Ihre weißen Begleiter kamen überall rein.

Dipama klagte und klagt gegen sechs der Clubs auf Unterlassung und Schmerzensgeld. Auch weil sich die Clubs und der Verband Münchner Kulturveranstalter wenig problembewusst gezeigt hatten. In einem Fall war die Klage erfolgreich – ein Club zahlt 500 Euro – eine Klage wurde abgewiesen, zwei Urteile stehen noch aus.

Völlig unabhängig vom Ausgang der Klagen, hat Hamado Dipama eins geschafft: Das Thema Diskriminierung und Alltagsrassismus wird künftig in München sensibler behandelt.

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