Raser-Vergleich: München steht auf dem Gaspedal

München - Zuerst die gute Nachricht: Im Vergleich zu 2016 sind in München weniger Raser unterwegs. Teils verzeichnet die Unfallforschung der Versicherer (UDV) einen starken Rückgang der Temposünder. So weit so gut, würde man München nicht mit Hamburg vergleichen.
Da zeigt sich nämlich ein anderes Bild. Die UDV maß bereits im Jahr 2016 in den vier deutschen Millionenstädten Berlin, Hamburg, München und Köln, wie häufig Geschwindigkeiten überschritten wurden. 2022 wurde unter gleichen Bedingungen noch mal gemessen, diesmal nur in München und Hamburg.
Münchner fahren schneller als Hamburger
Das Fazit: In der Hansestadt sind die Zahlen stark zurückgegangen. In München wiederum ist nur ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Noch immer brettert jeder Dritte zu schnell durch Münchens 30-Zonen. Entstanden ist die Studie folgendermaßen: In München wurde an insgesamt 36 Straßen an Werktagen für jeweils 24 Stunden gemessen. Die Messgeräte sind nur kleine Kästen und für die Autofahrer nicht als solche zu erkennen.
"Das würde das Ergebnis verzerren. Wenn Autofahrer einen Blitzer erkennen, fahren sie selbstverständlich langsamer", sagt Siegfried Brockmann, Leiter der UDV. Gemessen wurde außerdem in verschiedenen Bereichen. Darunter fallen Tempo-50-, und Tempo-30-Bereiche, sowie 30-Zonen (im Vergleich zu den Bereichen handelt es sich um ganze Gebiete wie zum Beispiel Wohnsiedlungen) und verkehrsberuhigte Bereiche (maximal zehn Kilometer pro Stunde erlaubt).
Alle sieben Minuten mit über 80 Sachen durch die 50-Zone
In München fährt fast jeder Achte in einer 50-Zone zu schnell, fast jede Minute ist jemand mit mehr als 70 Kilometer pro Stunde unterwegs und alle sieben Minuten saust ein Autofahrer mit mehr als 80 Sachen über die Straße. Gemessen wurde zum Beispiel an der Albert-Roßhaupter-Straße.
Ein Drittel der Münchner fährt in 30-Zonen zu schnell
Bei Tempo 30 sieht es noch schlechter aus. Jeder Dritte ist da zu schnell unterwegs. Gemessen wurde zum Beispiel an der Friedenspromenade. 33 Prozent der Autofahrer sind dort zu schnell unterwegs. Krassester Wert: 68 km/h, gemessen an einem Nachmittag. Bei der Analyse im Jahr 2016 fuhr dort allerdings noch mehr als jeder zweite zu schnell.
Woran liegt es also, dass die Münchner ein bisschen weniger aufs Gaspedal steigen als noch 2016? Brockmann sieht dafür vor allem zwei Faktoren: die hohen Benzinpreise und den teureren Bußgeldkatalog. "Trotzdem bleibt München weit hinter seinen Möglichkeiten. Der Kontrolldruck muss deutlich erhöht werden", findet der Fachmann.

Dass sich vonseiten der Stadt München seit der vergangenen Messung 2016 etwas getan hätte, davon kann Brockmann nichts berichten. "Die Stadt sagte damals schon, wie schrecklich die Ergebnisse seien, es gab wohl auch eine Vorlage, aber ich sehe kein Ergebnis dieses Prozesses", so Brockmann.
Verdeckte Blitzer senken die Raser-Quote
Warum dann in Hamburg die Zahlen so gesunken sind, verbindet der UDV-Leiter gleich mit einem Lösungsansatz für München. In der Hansestadt wird flächendeckend mit sogenannten Enforcement Trailern gemessen. Das sind mobile Blitzanhänger, die schnell bewegt werden können und nicht unbedingt als Messgeräte zu erkennen sind.
Damit wird laut Brockmann der sogenannte Flächendruck erhöht. "Der Kraftfahrer hat seine eigene Arithmetik im Kopf. Er fragt sich: Wie oft muss ich zahlen und was kostet es mich. Danach bemisst er sein Risiko", erklärt er. Wird er häufiger fürs Rasen belangt und muss auch noch mehr zahlen, gehen die Überschreitungen zurück.
Helfen höhere Bußgelder?
Der UDV empfiehlt der Stadt also den Einsatz solcher Trailer. Außerdem sei ein Gefahrenbewusstsein der Bevölkerung und Eigenverantwortung wichtig. Zudem spricht sich Brockmann für eine Verschärfung des Bußgeldkatalogs aus.
Denn: Auch wenn die Raser-Zahlen leicht gesunken sind, bleiben sie in München auf hohem Niveau. Brockmann: "In München müssen sich Stadt und Polizei zusammensetzen und jeder Autofahrer muss sich an der eigenen Nase fassen. Zur Zufriedenheit besteht derzeit kein Anlass."