Rammstein-Konzert: Grüne und Linke fordern Aufklärung

Warum hat sich der Wirtschaftsreferent so für das Rammstein-Konzert eingesetzt? Grüne und Linke fordern Aufklärung. Sogar von "Kungelei" ist die Rede.
von  Christina Hertel
Auf der Theresienwiese sehen sich Clemens Baumgärtner und Rammstein nicht. Für Linke und Grüne bleibt trotzdem die Frage: Warum hat sich der Wirtschaftsreferent so für das Konzert eingesetzt?
Auf der Theresienwiese sehen sich Clemens Baumgärtner und Rammstein nicht. Für Linke und Grüne bleibt trotzdem die Frage: Warum hat sich der Wirtschaftsreferent so für das Konzert eingesetzt? © dpa

München - Juhu! Rammstein hat das Sommerloch in der Münchner Kommunalpolitik gefüllt. Zuerst streitet der Stadtrat, ob die Band an Silvester auf der Theresienwiese vor 145.000 Zuschauern spielen darf. Dann sagt der Veranstalter - trotz Okay aus dem Stadtrat - überraschend ab. Und dann kommt plötzlich heraus: Rammstein selbst hatte dem Veranstalter Klaus Leutgeb nie zugesagt, am Silvesterabend in München spielen zu wollen. Klingt alles witzig?

Einem könnte das Lachen womöglich so langsam vergehen: Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU), der das Silvester-Konzert überhaupt erst in den Stadtrat gebracht und sich dafür eingesetzt hat, muss nun der Linken und den Grünen eine ganze Reihe von kritischen Fragen beantworten.

Auf der Theresienwiese sehen sich Clemens Baumgärtner und Rammstein nicht. Für Linke und Grüne bleibt trotzdem die Frage: Warum hat sich der Wirtschaftsreferent so für das Konzert eingesetzt?
Auf der Theresienwiese sehen sich Clemens Baumgärtner und Rammstein nicht. Für Linke und Grüne bleibt trotzdem die Frage: Warum hat sich der Wirtschaftsreferent so für das Konzert eingesetzt? © dpa

In einer Anfrage fordern beide Stadtratsfraktionen Aufklärung und wollen mehr über die Beziehung zwischen dem Veranstalter Leutgeb und dem Wirtschaftsreferenten Baumgärtner erfahren.

Die Linke spricht von "Veranstaltungskungelei"

Unter anderem wollen Grüne und Linke wissen, wann sich Baumgärtner mit der Konzertagentur getroffen hat, ob es Freikarten für andere Veranstaltungen gab und warum sich der Wirtschaftsreferent nicht mehr für Münchner Veranstalter einsetzt - wo diese doch hier Gewerbesteuern zahlen. Insgesamt umfasst die Anfrage 20 Fragen.

Die Linke spricht in diesem Zusammenhang sogar von "Veranstaltungskungelei". Schließlich hatten in der Vergangenheit auch Münchner Kulturschaffende auf der Theresienwiese Konzerte abhalten wollen - ohne Erfolg. "Die jahrelang gelebte Praxis, die Theresienwiese nicht für Großkonzerte freizugeben, wurde vom Wirtschaftsreferenten über Nacht für genau einen Veranstalter über Bord geworfen", heißt es in der Anfrage. Gemeint ist Klaus Leutgeb, der auch in der Messe drei riesige Konzerte organisieren darf.

"Zwischen Baumgärtner und Leutgeb gibt es so viele Ungereimtheiten, das stinkt für mich zum Himmel", sagt Linken-Stadtrat Stefan Jagel. "Wir können nicht zulassen, dass eine Monopolstellung für Großveranstaltungen in München über vermeintliche Beziehungen eingerichtet wird."

Jagel stellt in Aussicht, eine Dienstaufsichtsbeschwerde einzureichen. "Sollten die Fragen nicht geklärt werden, sehe ich keine Chance, dass er Wirtschaftsreferent bleiben kann", sagt er.

Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Krause stellt die Frage, ob Baumgärtner dem Amt des Wirtschaftsreferenten "gewachsen ist". Für ihn sei die Hauptfrage, ob Baumgärtner seiner Sorgfaltspflicht ausreichend nachgekommen ist. Schließlich musste der Stadtrat auf seinen Druck hin schnell entscheiden, ob er die Theresienwiese für ein Silvesterkonzert hergeben will. Dabei gab es seitens des Veranstalters noch nicht einmal eine konkrete Anfrage an die Band.

Baumgärtner will sich gegenüber der Presse  nicht äußern

Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Baumgärtner den Stadtrat mit "halbgaren Informationen" versucht habe, unter Druck zu setzen, so Krause. Auch er will wissen, ob Baumgärtner im Interesse der Stadt handelte - oder im Interesse eines "ihm und der CSU scheinbar nahestehenden Veranstalters".

Baumgärtner selbst will sich gegenüber der Presse momentan nicht äußern. "Ich halte mich an die Geschäftsordnung: Anfragen werden zuerst gegenüber dem Stadtrat beantwortet." Er sei aber "völlig entspannt".

Verteidigung bekommt der CSUler Baumgärtner von der SPD. Fraktionschefin Anne Hübner findet: "Der Wirtschaftsreferent macht einen guten Job." Die Anfrage werde dem Thema nicht gerecht, und mit dem Vorwurf der Spezlwirtschaft wäre sie vorsichtig: "Wer das behauptet, muss Beweise vorlegen." Insgesamt sei aus ihrer Sicht nichts Schlimmes passiert. Schließlich sei, als die Anfrage vorlag, klar gewesen, dass viele Fragen offen sind. "Hätten wir gleich Nein gesagt, müsste sich der Stadtrat ganz andere Fragen gefallen lassen", glaubt sie. Nämlich, ob München zu provinziell ist.

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