„Rainer, du bist unser Dschungelkönig der Herzen“

Die AZ verfolgt die Sendung mit dem Harem des Alt-68ers Rainer Langhans. Es geht um die Wiedergeburt von Kakerlaken, konstruierten Zoff und Indiras Lippen. Dass die Frauen sich gut unterhalten fühlen, irritiert sie selber. Von AZ-Reporter Timo Lokoschat
von  Abendzeitung
Beim Thema Tierschutz herrscht Uneinigkeit zwischen den Haremsdamen Christa (l.) und Brigitte. AZ-Reporter Timo Lokoschat hört zu.
Beim Thema Tierschutz herrscht Uneinigkeit zwischen den Haremsdamen Christa (l.) und Brigitte. AZ-Reporter Timo Lokoschat hört zu. © Gregor Feindt

Die AZ verfolgt die Sendung mit dem Harem des Alt-68ers Rainer Langhans. Es geht um die Wiedergeburt von Kakerlaken, konstruierten Zoff und Indiras Lippen. Dass die Frauen sich gut unterhalten fühlen, irritiert sie selber. Von AZ-Reporter Timo Lokoschat

"Timo, möchtest du noch etwas Sojamilch?“ – „Nein danke, Christa.“ Keine harten Sachen heute. Schließlich will ich genau mitkriegen, was hier läuft: im Harem von Rainer Langhans, mit dem ich diesen Samstag das RTL-Dschungelcamp anschaue.

Der Harem: Das sind vier Frauen und ein Mann, die seit Jahrzehnten eine experimentelle Lebensgemeinschaft führen. Im Spießer weckt das wilde Phantasien, halb hämisch, halb neidvoll denkt er an Orgien und Drogen. Damit hat der Langhans-Harem allerdings wenig zu tun. Hier wird eher diskutiert als koitiert.

Diesen Samstag allerdings nur in kleiner Besetzung. Rainer Langhans weilt im Dschungel, Brigitte Streubel im Hotel nebenan, Gisela Getty in London. Zwei Frauen bleiben noch: Gettys Zwillingsschwester Jutta Winkelmann, die einst mit Dennis Hopper und Leonard Cohen um die Häuser zog, und die Autorin und Filmemacherin Christa Ritter, bei der wir uns wie sechs bis sieben Millionen weitere Menschen (Marktanteil: rund 30 Prozent) das RTL-Dschungelcamp anschauen. Das Protokoll eines Fernsehabends:

Auf dem Bildschirm: Der ballonartige Moderator Dirk Bach. Er lästert über Langhans, der in der ersten Sendung den Dschungel-Flaneur gab, während die Gruppe das Camp einrichtete.

CHRISTA: Auch ich war konsterniert, dass er sich weggeschlichen hat. Der lässt die wohl erstmal posen. Sobald sie ihre menschlichen Gesichter zeigen, kommt er dazu.

Großaufnahme Camp.

CHRISTA: Auf mich wirkt das wie ein dreckiges Loch, nicht wie ein Dschungel.

JUTTA: Sieben Millionen haben am Freitag zugesehen.

CHRISTA: Also so viele Trottel gibt es nicht. Auch Gottschalks „Wetten, dass“ schauen sich doch nicht nur Trottel an! Die Texte der Moderatoren sind nicht schlechter als beim Scheibenwischer.

JUTTA: Es hat was von einer griechischen Tragödie.

CHRISTA: Wenn man die erste Aversion überwunden hat, wird es interessant.

JUTTA: Es ist komplexer als man zugeben will. Saufrech, ironisch, selbstironisch. Klar, manchmal auch nicht so dolle.

Bei einer Schatzsuche wirft Model Sarah Knappik Indira Weis „Hektik“ vor, kreischt aber selber die ganze Zeit.

JUTTA: Junge Frauen sind nicht teamfähig, wird es jetzt wieder heißen.

CHRISTA: Wir haben das nicht gelernt! Mussten uns jahrtausendelang auf Männer ausrichten, wie soll man da plötzlich mit anderen Frauen können?

Katy Karrenbauer wünscht Rainer Langhans Glück für die Prüfung. „Du hast Prinzipien.“

JUTTA: Ha, aber hintenrum über Vegetarier lästern.

Langhans weigert sich, in den Kakerlakensarg zu steigen. „Ich mag diese Tierquälerei nicht.“ Dirk Bach: „Wir machen keine Tierquälerei.“

CHRISTA: Das ist Quälerei!

Bach sagt, dass Kakerlaken keine Schmerzen spüren.

CHRISTA: Weiß man das?

JUTTA: Vielleicht wollen die Kakerlaken nur spielen und nehmen das nicht so tierisch ernst wie du, Christa. Vielleicht werden sie im nächsten Leben Menschen, weil sie nun mit einem Menschen, mit Rainer, stark interagiert haben. So sehen es die Inder.

Langhans lässt sich vom herbeigerufenen Experten, dem Mediziner „Dr. Bob“, überzeugen, steigt in den Sarg.

JUTTA: Rainer, may the force be with you!

CHRISTA: Als Meditationserfahrener packt er das.

Plötzlich wird der gläserne Behälter in die Höhe gehoben.

JUTTA: Großes Kino.

Langhans scheint mit den Kakerlaken eine neue Kommune zu bilden. „Was für eine Körperbeherrschung“, lobt Bach.

JUTTA: Geistesbeherrschung! Ein archetypisches Bild. Als ob da so ein Jesus rumschwebt.

Langhans berichtet hinterher, es sei ihm wie eine „raffinierte Massage“ vorgekommen. Bach erklärt sich seine Ruhe damit, dass ihn die vier Frauen im Harem zu wenig bewegen.

CHRISTA: Wenn der wüsste!

Ärger nach der Prüfung: Eva Jacob reißt das Palmendach von Indiras Schlafplatz und verwendet es als Bettvorleger.

JUTTA: Das hat die doch von RTL gesagt gekriegt.

CHRISTA: Konstruierter Zoff?

JUTTA: Ja.

CHRISTA: Die Frauen im Camp interessieren mich nicht die Bohne. Es gibt in der antiken Götterwelt so spannende Frauenbilder, wie die Amazonen. Aber bei uns? Da fehlt was.

Indira Weis’ Lippen in Großaufnahme.

CHRISTA: Sie ist so ein hübsches Mädchen. Sie braucht gar nicht diese Körpersache.

JUTTA: Das ist die Gesellschaft. Alle haben sich darauf verabredet, dass das schön ist. Das ist ein Druck. Dabei kann man das doch heute alles mit Photoshop machen.

Langhans schläft mal wieder. Wird man so Dschungelkönig?

JUTTA: Er ist schon unser Dschungelkönig der Herzen.

CHRISTA: Wir wollen auch mal ins Camp.

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