Räumungsverkauf: 185 Jahre altes Familienunternehmen in München schließt gleich zwei Filialen
München - In einer der über 20 kleinen Ladennischen unter den gotischen Rathausbögen residierte viele Jahre ein Geschäft des Handschuh-Herstellers Roeckl, auf drei mal vier Metern Fläche. Aber jetzt soll Schluss sein. Im Schaufenster hängt ein dunkelrotes Prozente-Banner.
Bis zum 30. April war Räumungsverkauf. Als die AZ vor Ort ist, kommt gerade ein Pärchen aus Aschau mit kleiner weißer Papiertüte aus der Ladentüre. "Wir wussten nichts von dem Räumungsverkauf, wir sind jetzt zufällig rein", sagt der Mann. "Aber wir haben da immer gerne eingekauft, das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt einfach," sagt er.
Roeckl: Auch Filiale an der Maffeistraße schließt
Eine Ecke weiter, an der Maffeistraße, ist noch eine zweite von vier Roeckl-Filialen in München. Auch hier ist das Prozente-Banner im Schaufenster, auch diese Filiale ist im Räumungsverkauf. Innen Handtaschen in Pastelltönen, Schals, Gürtel und natürlich Handschuhe – das Kerngeschäft des 185 Jahre alten Münchner Familienunternehmens.
Eine Kundin fragt, wie man bei den Handschuhen die richtige Größe findet. Die Verkäuferin lässt sich ihre ausgestreckten Hände zeigen, sagt: "Das ist 7,5, die hängen hier" und deutet auf eine Reihe im Regal. Die Waren haben keine roten Aufkleber auf den Preisschildern, dort steht noch der Originalpreis. Aber auf Nachfrage erklärt die Verkäuferin, dass der vordere Teil der Handschuhe zu 50 und der hintere Teil zu 70 Prozent reduziert sei.

Das "Innenstadtkonzept" soll dafür sorgen, dass kleine Läden ihren Platz behalten
Wenn ein Geschäft wegfällt, sieht es aus, als hätte das Rathaus eine Zahnlücke. Was also könnte auf den kleinen Roeckl-Laden folgen? Das sei noch nicht abzusehen. Eine Sprecherin des Kommunalreferats sagt auf AZ-Nachfrage: "Wenn eine Ladenfläche frei wird, wird sie ausgeschrieben." Zu finden sind diese auf dem Stadtportal muenchen.de.
Um eine vielfältige Struktur aus inhabergeführten, kleinen Läden zu unterstützen, verlangt die Stadt deutlich weniger Miete auf ihren Flächen. Kleine Blumenläden, Hutgeschäfte, Buchhandlungen und Juwelierläden sollen ihren Platz mitten in der Innenstadt behalten können. Dafür werden die Mieter für etwa die Bögen unten im Ruffinihaus, in den Arkaden am Viktualienmarkt oder eben im Rathaus nach dem "Innenstadtkonzept" ausgewählt.
Keine Filialisten, keine Ketten. Neben inhabergeführten Geschäften können es auch erprobte Start-Ups sein – aber mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem jährlichen Umsatz von unter 10 Millionen Euro.
An den beiden übrigen Filialen in der Innenstadt hält Roeckl fest. Die Größere: mit der charakteristischen Vitrinen-Säule und dem geschwungenen Schaufenster in der Theatinerstraße. Die Kleinere: im schicken Ruffinihaus am Rindermarkt. Scheint, als habe sich der kleine Laden am Rathaus, trotz von der Stadt subventionierter Miete, am Ende nicht mehr gerechnet. Schließlich braucht es für jedes Geschäft auch eigenes Personal.
- Themen:
- München
- Ruffinihaus
- Viktualienmarkt