Rätsel von der Münchner Hochstraße: Warum stehen diese Häuser leer?
München - Wer länger nicht mehr beim Paulaner in der Oberen Au war, kommt ins Staunen. Hier, neben dem Wirtshaus am Nockherberg, wächst auf der riesigen, nun nicht mehr so freien Fläche das neue Wohnquartier auf dem ehemaligen Paulaner-Gelände in die Höhe. Vor allem die Blöcke zur Regerstraße hin sind schon recht weit.
An der Hochstraße dagegen, entlang der Hangkante, lässt sich bisher nur anhand der schicken Visualisierungen am Bauzaun erahnen, wie die künftigen Bauten mit Mega-Ausblick über München aussehen.
Hochstraße: Bis zu 27.000 Euro pro Quadratmeter
Auf diesem Abschnitt, an der Hochstraße 75, standen einst die grauen und schwarzen Quader der Paulaner-Verwaltung. Jetzt baut hier der Hamburger Investor und Immobilienentwickler Becken Development unter dem Titel "Hoch der Isar" 185 "hochwertig ausgestattete Eigentumswohnungen" mit 30 bis 330 Quadratmetern Größe, verteilt auf ein Ensemble aus 13 unterschiedlichen Häusern.
Zum Jahreswechsel 2022/2023 sollen sie fertig sein. Mit Preisen von bis zu 27.000 Euro pro Quadratmeter sorgte das Projekt zum Verkaufsstart im November 2019 bereits für Schlagzeilen.
Bei der Grundsteinlegung im Oktober 2020 lobte Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) die Ausgestaltung des Bauprojekts, das sich "ideal in die bestehende Bebauung an der Hochstraße einfügt", wie er in einer Mitteilung von Becken zu dem Anlass zitiert wird.
Hochstraße: Das Edel-Projekt sorgte für Unruhe
Schaut man auf ebendiese Bebauung entlang der Hochstraße, ist man sich da nicht ganz so sicher. Direkt angrenzend an das Baufeld steht eine ganze Reihe kleiner Herbergshäusl und schlichter Wohnhäuser.
In dieser Nachbarschaft sorgte das Edel-Projekt in den letzten Jahren für Unruhe. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass die direkt angrenzenden Häuser Hochstraße 71 und 73 für weitere Luxusbauten abgerissen werden.

Familie Becken übernahm die Häuser in der Münchner Hochstraße
Der Hintergrund: Im Frühjahr 2018 verkaufte die Bayerische Hausbau, die auf dem Paulaner-Gelände baut, die Hochstraße 71 und 73 ebenfalls an Becken.
Die beiden Häuser wurden an die Familie Becken verkauft, nicht wie zuvor der Grund der Nummer 75 für das Hoch der Isar an das Unternehmen. Für die Mieter machte das keinen Unterschied, unter ihnen ging spätestens jetzt die Angst um. Sie fürchteten, ihre Wohnungen zu verlieren.
Ex-Mieter: Wohnungsverkauf "juristischer Winkelzug"
Die AZ besuchte im Oktober 2018 den Handwerker Ernesto Lukschik, der damals in der Nummer 71 wohnte. 600 Euro zahlte er für 75 Quadratmeter mit Ofenheizung. Er vermutete hinter dem separaten Verkauf an die Familie Becken einen "juristischen Winkelzug" und fühlte sich ausgeliefert, wie er damals sagte.
Die Miete für eine neue Wohnung könne er sich nicht leisten. Die Bayerische Hausbau versprach ihm Ersatzwohnraum in unmittelbarer Nähe, denn - so viel wurde schnell klar - man wollte die Häuser leer haben.
Gut zweieinhalb Jahre später stehen die beiden Häuser noch, und sind - von außen gut erkennbar - tatsächlich fast leer. Wird also bald abgerissen?
"Es ist derzeit nicht geplant, die beiden Häuser abzureißen"
Eine Sprecherin von Becken betont auf AZ-Nachfrage, dass die Grundstücke Hochstraße 75 und Hochstraße 71/73 getrennte Projekte seien. Es sei daher nicht geplant, die Häuser für das Hoch-der-Isar-Projekt abzureißen.
Zwar habe die Familie Becken die Häuser von der Bayerischen Hausbau gekauft, der Eigentümerwechsel sei aber noch nicht erfolgt. Es sei ferner nicht geplant, die Häuser in das Unternehmen zu geben.
Darüber hinaus hält die Sprecherin sich bedeckt: Konkret sei nichts geplant. Bezüglich der Zukunft des Grundstücks gebe es momentan nichts Spruchreifes, das man kommunizieren könne.
Mieter haben Ersatzwohnungen bekommen
Die Bayerische Hausbau bestätigte das schon vor einiger Zeit in einer Mitteilung und erklärt, demnach "sind wir nach wie vor Eigentümerin beider Immobilien. Insofern standen und stehen wir, und nicht die Familie Becken, in beidseitigem Einvernehmen bislang weiterhin in Kontakt mit unseren Mietern".
Weiter heißt es: "Bezüglich der vertraglichen Details haben wir uns zu Stillschweigen verpflichtet." Mit den Mietern stehe man "in intensivem Austausch", um ihnen "im Rahmen von persönlichen Gesprächen Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen".
Das ist mittlerweile geglückt. Man habe "allen Mietern, die dies gewünscht haben, Ersatzwohnungen innerhalb unseres Bestandes in der unmittelbaren Nähe zur Hochstraße in Au-Haidhausen und Giesing zur Verfügung gestellt", erklärt Hausbau-Sprecherin Sabine Hagn auf AZ-Anfrage.
Die Bayerische Hausbau verrät die Zukunft der Hochstraße 71 und 73 nicht
"Die Postleitzahl ist bei allen gleichgeblieben. Eine Mietpartei wollte sich gerne vergrößern und noch zentrumsnaher wohnen, auch diesem Wunsch konnten wir entsprechen."
Und auch mit einer letzten Mietpartei, die gerade noch in der Hochstraße wohne, habe man nun eine Lösung gefunden und "den Mietvertrag für eine Wohneinheit in unmittelbarer Nähe auch bereits unterschrieben", so Hagn.
Was nun aber an der Hochstraße 71 und 73 passieren soll, verrät auch die Bayerische Hausbau nicht und verweist zurück an Becken.
Es liegt kein Bauantrag vor
Weiß die Stadtpolitik schon mehr? Auch dem Bezirksausschuss Au-Haidhausen wurde damals der Verkauf der Häuser mitgeteilt. Für beide liege dem BA aber bislang kein Bauantrag vor, heißt es auf Nachfrage.
Ähnlich klingt es beim Planungsreferat: "Für die Hochstraße 71 und 73 liegen der Lokalbaukommission bislang keine Anträge, weder Vorbescheids- noch Bauanträge, vor", heißt es auf AZ-Anfrage.
"Der Abbruch wird noch erfolgen"
Nur die Auskunft des Sozialreferats lässt erahnen, wohin es hier letztlich doch gehen könnte: "Die Anwesen liegen nicht im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung. Der Abbruch wurde zweckentfremdungsrechtlich genehmigt. Der Ersatzwohnraum wurde bereits in unmittelbarer Nähe erstellt. Der Abbruch wird noch erfolgen", heißt es.