Rätsel um die Kinderleiche am Landtag: War das Baby schon vergraben?

Der kleine Körper in den Grünanlagen hinter dem Landtag war stark verwest, nicht mal das Geschlecht ist klar. Die Obduktion hat keine weiteren Erkenntisse gebracht - Die Ermittler schweigen weiterhin.
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Der kleine Körper in den Grünanlagen hinter dem Landtag war stark verwest, nicht mal das Geschlecht ist klar. Die Obduktion hat keine weiteren Erkenntisse gebracht - Die Ermittler schweigen weiterhin.

Sonnenstrahlen blitzen durch das dichte Blätterdach auf die Erde am Fuß der großen Buche. Der Boden ist aufgewühlt. Als vier Beamte der Spurensicherung gestern um die Mittagszeit den Fundort noch einmal untersuchen und die Erde lockern, verbreitet sich beißender Verwesungsgeruch. Hier lag das tote Baby. Weggeworfen wie Abfall, in einem blauen Müllsack. An dem kleinen Leichnam war noch ein Stück Nabelschnur.

Einen Tag, nachdem ein Spaziergänger (47) mit seinem Hund den grausamen Fund in den Maximiliansanlagen nahe des Bayerischen Landtags machte, gibt es noch viel mehr offene Fragen als Antworten. Bereits am Dienstagabend wurde der kleine Leichnam in der Gerichtsmedizin obduziert. Doch die Mediziner konnten nicht einmal klären, ob das Baby ein Bub oder ein Mädchen war. Offenbar war es bereits zu stark verwest. Polizei und Staatsanwaltschaft sagten gestern lediglich: „Es gibt kein eindeutiges Obduktionsergebnis. Aus ermittlungstaktischen Gründen gibt es keine weiteren Auskünfte.“

Wie und wann das Kind starb, ob es bereits bei der Geburt tot war oder getötet wurde, wie alt es war, wie lange der Leichnam am Fundort lag und ob es ursprünglich vergraben wurde und dann von Tieren wieder freigelegt wurde – all das sollen nun weitere Untersuchungen klären. Zu der Mutter des Neugeborenen gibt es bislang keine Spur, heißt es. Doch bekamen die Ermittler einige Hinweise aus der Bevölkerung sowie durch Befragungen der Anwohner.

Zu ihnen gehört der Deutsch-Amerikaner Michael W. Um die Mittagszeit kommt der 47-jährige Autor mit seiner Tochter (14) zu der Buche. Mit dem Baum im Rücken blickt man direkt auf das Hotel Ritzi an der Maria-Theresia-Straße, wo Geschäftsleute, Hotelgäste und Ärzte aus dem nahen Krankenhaus Rechts-der-Isar an dem spätsommerlichen Tag im Freien Mittag essen. Vater und Tochter lehnen eine Papptafel an den Buchenstamm: „Unbekanntes neugeborenes KIND, ??.10.2009-5.10.2009, UNFASSBAR“, steht darauf. Michael W. betet mit seiner Tochter das Vaterunser. Dann zünden die beiden Grablichter an, die sie extra mitgebracht haben. Der Vater will ein Zeichen setzen. „So geht es nicht! Es gibt doch Babyklappen in München. Es ist mir unbegreiflich, wie jemand so etwas machen kann“, sagt er zur AZ.

Zwei junge Frauen schieben ihre Kinderwägen neben den Autos der Beamten von der Spurensicherung vorbei. Sie sind ahnungslos, unterhalten sich angeregt. Auch viele Schulkinder radeln achtlos an dem Pappschild und den Kerzen vorbei. Jeden Tag kommen hier Hunderte vorbei: Spaziergänger, Hundebesitzer, Radfahrer, Schulkinder.

Frank Bernhard macht sich dagegen am Mittwoch extra auf den Weg. Er parkt seinen grünen Laster auf dem Sandweg parallel zur Maria-Theresia-Straße, bleibt in mehreren Metern Abstand vor der Buche stehen. Der 46-Jährige arbeitet für die Verwaltung des Englischen Gartens. Er räumt mit seinen Kollegen die Wege frei, sorgt für Ordnung und Sauberkeit in den Maximiliansanlagen. „Das ist das erste Mal, dass so was passiert“, sagt er erschüttert und schüttelt den Kopf. Am Dienstag, als die Leiche gefunden wurde, war er am Friedensengel – zum Brunnenwaschen. Aber erst am Vortag war er ganz in der Nähe gewesen. Er hatte den Abfallkorb geleert, nur wenige Meter weiter. Aber aufgefallen ist ihm nichts.

Nina Job

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