Radwege statt Parkplätze: Verkehrswende nervt Handwerker

Viele Betriebe nehmen Aufträge in der Stadt nicht mehr an, weil sie keinen Parkplatz finden, ärgert sich der Kammerpräsident – und kündigt eine Blockade an.
von  Irene Kleber
Seit Juni hat München fünf Pop-up-Radwege wie hier an der Elisenstraße.
Seit Juni hat München fünf Pop-up-Radwege wie hier an der Elisenstraße. © Peter Kneffel/dpa

München - Verkehrswende? Mit noch mehr breiten Radlwegen, wegfallenden Parkplätzen und Autofahrspuren? Was die neue grün-rote Stadtregierung in den nächsten Monaten unbeirrt durchziehen will, bringt viele Handwerker in München zunehmend auf.

Gerade erst vor zwei Wochen habe er bei der neuen grünen Bürgermeisterin Katrin Habenschaden vorgesprochen, berichtete Handwerkskammerpräsident Franz Xaver Peteranderl am Freitag bei der Pressekonferenz zur Konjunkturentwicklung im Handwerk. Er habe dort erklärt, wie sehr jetzt schon Staus und Parkplatzmangel die Betriebe einschränken, weil sie kaum noch durch die Stadt kämen, um Aufträge auszuführen. Und nochmal aufs eigene alternative Verkehrskonzept mit "roten Routen" für flüssiges Autofahren und "blauen" für Radler verwiesen. Gehör gefunden habe er nicht.

Darum lehnen Handwerker Aufträge in der Stadt ab

Dabei hätte die aktuelle Verkehrslage schon dramatische Folgen. Bei einer Umfrage unter Münchner Handwerksbetrieben hätten 61 Prozent der Befragten mitgeteilt, dass sie inzwischen Aufträge in der Stadt ablehnen. "Darunter sind Schreiner, Sanitärbetriebe oder Bauunternehmen", sagt Peteranderl, "auch weil ihre Mitarbeiter bei kurzfristigen Aufträgen nicht mehr vor der Baustelle halten können, um abzuladen. Wenn sie das trotzdem machen, obwohl da kein freier Parkplatz ist, riskieren sie einen Punkt in Flensburg und 200 Euro." Welcher Mitarbeiter mache das auf Dauer? "Sie weigern sich, weil ihnen ihr Führerschein wichtiger ist.

Dieses Verkehrskonzept mit "roten Routen" ohne Fahrbahnverengung oder Radwege und "blaue" für Radfahrer hat die Kammer im März vorgestellt.
Dieses Verkehrskonzept mit "roten Routen" ohne Fahrbahnverengung oder Radwege und "blaue" für Radfahrer hat die Kammer im März vorgestellt. © Handwerkskammer

Nur acht Prozent der Befragten würden es auch schaffen, die beim Parkplatzsuchen vergeudete Zeit als Anfahrtskosten auf die Kunden umzulegen, der Rest bleibe auf den Kosten sitzen. Gerade die mittelständischen Betriebe mit fünf bis 20 Beschäftigten seien am stärksten betroffen. "Im Fach Parkplatzsituation ist die Stadt massiv versetzungsgefährdet", poltert der Kammerchef. "Wir werden Straßen beidseitig ohne Parkplätze und mit verkürzten Grünphasen nicht akzeptieren."

Die Kammer plane eine Unterschriftenaktion, mit der man die Stadtpolitik konfrontieren wolle. Peteranderl: "Die Lust, bei einer Demo mit Handwerksfahrzeugen die Stadt zu blockieren, ist relativ groß."


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