Radltrends 2021: Fahrrad statt Flugzeug
München - Das Fahrrad boomt: Mit Beginn der Fridays-for- Future-Demos haben sich viele Familien ein Lastenrad gekauft, E-Antriebe helfen auch den weniger sportlich Ehrgeizigen aufs Rad. "Durch Corona explodiert das Ganze ein bisschen", sagt David Koßmann: Statt einem Urlaub auf den Malediven lockten nun die Berge und Seen vor der eigenen Haustüre. Das spiegelt sich in den Fahrradtrends 2021 wieder. Der "Pressedienst Fahrrad", dessen Redakteur Koßmann ist, stellte sie am Dienstag vor.
Besonders beliebt sind in diesem Jahr Allrounder für den Alltag: Seien es waldwegtaugliche Rennräder oder Mountainbikes mit E-Antrieb. Selbst Motorradhersteller Harley Davidson mischt auf dem Markt mit. "Die statische Aufteilung der Mobilität in Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer löst sich auf", sagt Koßmann.
E-Antrieb, aber Nachhaltigkeit nicht geklärt
Doch während die Mehrzahl der Trend-Fahrräder in diesem Jahr einen E-Antrieb verpasst bekommen hat, ist die Frage der Nachhaltigkeit ihrer Akkus noch nicht geklärt. "Ab nächstem Jahr haben wir wahnsinnig viele gebrauchte Akkus. Der Akku ist ein Verschleißteil. Die müssen in die Produktion zurückgeführt und dann recycelt werden", sagt Koßmann. Doch die Infrastruktur fürs Recyceln stehe noch am Anfang.
Dass insgesamt mehr Menschen nun ihr Geld in neue Räder statt in eine Flugreise investieren, ist aber dennoch im Sinne der Nachhaltigkeit. In den Bergen kommt es allerdings mitunter zu Gedränge - was das coronakonforme Abstandhalten schwierig macht. Gunnar Fehlau vom "Pressdienst Fahrrad" wirbt daher fürs "antizyklische Fahren": "Die Sonnenaufgänge sind gerade der Knaller", sagt er. Mit einer Thermoskanne voll Kaffee lasse sich ein Morgen auf dem Berg wunderbar genießen. Und wenn alle anderen um 11 Uhr zum Berg aufbrächen, sei man selbst schon wieder auf dem Heimweg.
Fahrradkauf-Boom im Corona-Lockdown
Wegen des Fahrradkauf-Booms und der weltweiten Lockdowns, kann es aber auch zu Lieferengpässen kommen. Fehlau schätzt, dass diese im nächsten Jahr noch größer werden dürften als in diesem. Er rät deshalb zu Flexibilität beim Fahrradkauf: "Ob der Rahmen jetzt blau ist oder anthrazit, da würde ich sagen: Egal, lieber sechs Wochen früher rausfahren in den Frühling!"
Es lohne sich außerdem, herumzutelefonieren: "Der Hersteller redet von ausverkauft, wenn sein Lager leer ist. Aber das heißt nicht, dass in Ismaning ein Händler vielleicht noch drei Stück im Lager hat."
Gravelbikes: Fürs Rasen auf Wiesen

Das Gravelbike ist wohl das Trend-Rad schlechthin. Es sieht aus wie ein Rennrad, aber kann dank seiner breiteren Reifen auch mal auf einen Wald-oder-Wiesenweg abschweifen. Langsamer ist es deshalb nicht: "Wir wissen seit ein paar Jahren, dass breite Reifen nicht langsamer sind. Bei gleichem Aufbau sind sie sogar schneller als schmale Reifen", sagt David Koßmann vom "Pressedienst Fahrrad". Dieses Gravelbike, das Modell "Prestige" des Herstellers Stevens (für 1.799 Euro verfügbar) hat viele kleine Taschen an Lenker, Rahmen, Sattel für die sportliche Fahrradreise: fürs Bikepacking.
E-Mountainbike: Das Mountainbike mit Lift

Das Schöne an diesem Rad ist: "Man hat den Lift miteingebaut - Sie brauchen gar nicht zum Sessellift fahren", sagt Koßmann. Das "AllMtn 7" von Haibike (für 6.199 Euro, verfügbar), ist ein reines Mountainbike, ohne Schutzblech, ohne Gepäckträger. Aber dafür mit verstecktem Motor, wenn es bergauf geht. "Da konstituiert sich eine neue Sportart, zwischen klassischem Mountainbike und Motor Sports", sagt indes Gunnar Fehlau. Es eignet sich für Anfängerinnen und Anfänger ebenso wie für Fortgeschrittene und hat eine große Reichweite für lange Ausfahrten.
Komfortabler: Allrounder Wie ein SUV

Das "Homage GT Vario" von Riese & Müller (für 6.099 Euro, verfügbar) ist ein komfortabler Allrounder und wird auch gerne als "SUV" bezeichnet. Fahrradjournalist Gunnar Fehlau mag diesen Begriff zwar nicht, weil er mitunter negative Assoziationen weckt. Doch eine gewisse Ähnlichkeit zum Stadtgeländewagen ist da: Das Rad ist rundum gefedert, mitsamt Hinterrad. Der Gepäckträger ist so in den Rahmen eingebaut, dass auch er mitfedert und den Radler nicht ins Schwanken bringt. In seiner Optik gibt sich das Rad ebenfalls SUV-mäßig breit. Und es hat natürlich: E-Antrieb.
Dreirad: Der Liegestuhl

Zu Unrecht als "Reha-Rad" verschrien ist das Dreirad: Es ist ein Fahrzeug für echte Genießer. Anders als ein Rennrad oder Mountainbike bietet es dem Fahrer die Möglichkeit, sich umzuschauen, den Himmel zu sehen, die Welt um sich herum wahrzunehmen. Auf dem Liegedreirad "Scorpion plus 26" von HP Velotechnik (ab 5.250 Euro, verfügbar) sitzt er etwa 20 Zentimeter höher als bei anderen Sitzrädern, und damit noch komfortabler.
E-Bike von Harley-Davidson: Wie ein Motorradl

Oft taugen Fahrräder von Nicht-Fahrradherstellern nicht wirklich viel. Anders das "Rush/CTY Step-Thru" (4.599 Euro, verfügbar ab Frühjahr 2021) des Motorrad-Kulthersteller Harley-Davidson. "Das ist ein wirklich durchdachtes und gutes Rad", sagt Fahrradexperte Koßmann. "Das Ding erinnert wirklich an die früheren Harley Davidsons aus den 30er-, 40er-Jahren." Keine hohen Lenker also, dafür aber einen feinen Motor, und wartungsarme und leise Gates-Zahnriemen (statt Kette und Brose), die übrigens auch in die Motorräder eingebaut werden.
Lastenrad: Einfach alles transportieren

"Das Lastenrad ist eines der absoluten Boomthemen, die wir gerade erleben", sagt Radexperte David Koßmann, "denn es gibt Antwort auf viele Mobilitätsfragen." Ein Lastenrad eignet sich gerade in der Stadt für den Transport von Einkäufen, Kindern oder bei Ebay-Kleinanzeigen ergatterten Einbauküchen. Praktisch ist dabei sein E-Antrieb: Denn das Fahren mit schwerer Ladung auf nur zwei Reifen ist nicht einfach, ganz besonders nicht, wenn es den Berg raufgeht. Hier das E-Lastenrad "Packster 70" von Riese & Müller (ab 5.699 Euro, verfügbar).
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