Qualvoller Tod im Netz: Tote Tauben hängen weiter am Hauptbahnhof von den Decken

Seit Monaten hängen regelmäßig tote Tauben am Hauptbahnhof von den Decken. Tierschützer sind empört, auch die Stadt mahnt – doch die Bahn sieht das Problem nicht.
Julia Wohlgeschaffen |
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Sie hängt direkt über der Weihnachtskrippe in der Bahnhofshalle und das schon seit Wochen: eine tote Taube, die sich im Netz verfangen hat.
Sie hängt direkt über der Weihnachtskrippe in der Bahnhofshalle und das schon seit Wochen: eine tote Taube, die sich im Netz verfangen hat. © BBT

München - Man erschrickt kurz, wenn man sie entdeckt - die leblosen, merkwürdig verrenkten Tauben. In den Bahnhofshallen des Hauptbahnhofs findet man seit nunmehr zehn Monaten immer wieder Taubenkadaver.

Man sieht sie, sobald man den Blick nach oben an die Decke zu den Netzen richtet, die die Vögel eigentlich davon abhalten sollen, sich im Bahnhofsgebäude aufzuhalten und ihre Hinterlassenschaften überall zu verteilen. Tote Tauben, die teilweise wochenlang in den Netzen hängen und nicht entfernt werden. Doch wie kommt es dazu?

Die Vergrämungsnetze sind an einigen Stellen beschädigt.
Die Vergrämungsnetze sind an einigen Stellen beschädigt. © BBT

Hauptbahnhof: Tote Tauben hängen von der Decke

Das Bündnis Bayerischer Tierrechtsorganisationen erklärt, dass die Tauben an beschädigten Stellen hinter das Netz schlüpfen, sich dort verfangen und dann verzweifelt versuchen, sich aus dieser misslichen Lage wieder zu befreien - meist ohne Erfolg. Die Bahn ist aufgrund dieser Situation schon mehrmals in die Kritik geraten (AZ berichtete), geändert hat sich bisher aber nichts.

Und so mussten viele Passanten in den vergangenen Monaten die erfolglosen Befreiungsversuche der Tauben mit ansehen. Viele wollten Hilfe holen, etwa durch einen Anruf bei der sogenannten "3-S-Zentrale" der Deutschen Bahn. Die 3 "S" stehen hierbei für die Wörter "Service, Sicherheit und Sauberkeit" - man müsste also meinen, hier den richtigen Ansprechpartner für akute Taubenproblemfälle zu finden. Offenbar machte ein Mitglied des Tierrechtsbündnisses bei der Meldung einer neuen Taubensichtung jedoch eine andere Erfahrung.

Tauben am Hauptbahnhof: Niemand fühlt sich verantwortlich

Sie schilderte einem Mitarbeiter laut eigener Erzählung, dass sich eine Taube direkt über der Weihnachtskrippe, die vor dem DB Reisezentrum in der kleinen Bahnhofshalle aufgestellt wurde, in dem Netz verfangen hatte. Am anderen Ende des Hörers schien man das nicht ganz so dramatisch zu finden: "Das passt ja, die Taube ist doch ein Symbol der Kirche", lautete die zynische Antwort, so der Tierschutzbund. Die Taube war am nächsten Tag tot.

Die Weihnachtskrippe, über der seit Wochen ein Taubenkadaver hängt.
Die Weihnachtskrippe, über der seit Wochen ein Taubenkadaver hängt. © jw

Die Tierschützer kritisieren die Bahn seit Monaten - jedoch ohne Erfolg. Bei der Staatsanwaltschaft München wurden sogar Strafanzeigen gegen das Bahnhofsmanagement München wegen Verdacht des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet - die Ermittlungen wurden allerdings allesamt eingestellt. Der Sprecher des Tierrechtsbündnisses Robert Derbeck hat eine Vermutung, warum in dieser Angelegenheit so gar nichts vorangehen mag: "Es sind eben nur Tauben, die den Marktwert nicht erfüllen. Einen Papagei würde man eventuell gleich retten."

Tierschützer verzweifeln

Auch der Stadtverwaltung ist das Problem am Hauptbahnhof bekannt. Julien Chauve, Sprecher des Kreisverwaltungsreferats, berichtet, dass das Veterinäramt die Deutsche Bahn bereits mehrmals auf das Taubenthema hingewiesen habe. "Der Bahnhof ist allerdings ein Privatgelände", erklärt er. "Da können wir nichts anordnen."

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Die Deutsche Bahn selbst müsste also aktiv werden - bleibt aber seit Februar untätig. Auf Nachfrage der AZ heißt es von einer Sprecherin: "Die Deutsche Bahn ist bestrebt, den Aufenthalt der Reisenden und Gäste in den Bahnhöfen so angenehm wie möglich zu gestalten." In diesem Zusammenhang stellten Taubenpopulationen in den Bahnhöfen - insbesondere durch die Hinterlassenschaften - eine beständige Herausforderung dar. "Aus diesem Grund werden Maßnahmen zur Vergrämung der Tauben umgesetzt."

Zu allen Maßnahmen sei man im Gespräch mit dem Veterinäramt der Stadt München. Das komplette Netz werde regelmäßig geprüft und instandgesetzt. Konkrete Maßnahmen oder Pläne nennt die Bahn jedoch nicht - und will sich auch nicht zur Aussage des Mitarbeiters der 3-S-Zentrale äußern.

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12 Kommentare
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  • Andi K. am 24.12.2022 16:49 Uhr / Bewertung:

    Jedes Lebewesen muss mit einem Restrisiko leben. Früher hatte die Stadt einen Taubenjäger, der für eine normale Population sorgte, heute wird überall kiloweise Weizen ausgestreut, der die Stadttauben zu trägen und degenerierten Wesen macht, denen Gefahreninstinkte fehlen.

  • KUMMUC am 23.12.2022 19:10 Uhr / Bewertung:

    Kümmert Euch lieber um die Armen und Alten Leute statt um diese zu vielen Krankheitsverteiler in den Lüften

  • Leserin21 am 24.12.2022 13:22 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von KUMMUC

    Ich kenne niemand, der sich jemals bei einer Taube angesteckt hat. Krankheiten verteilen nicht die Tauben, sondern Menschen ohne Maske und Verstand.

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