Qualmen 2011: Die E-Zigarette im Test

Im Internet wird sie als Revolution des Rauchens angepriesen. Und Johnny Depp nuckelt in seinem neuen Film „The Tourist“ ständig an der elektrischen Zigarette. Die AZ hat sie getestet.
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Nicht besonders geschmackvoll: Der AZ-Reporter mit E-Zigarette.
Daniel von Loeper Nicht besonders geschmackvoll: Der AZ-Reporter mit E-Zigarette.

MÜNCHEN - Im Internet wird sie als Revolution des Rauchens angepriesen. Und Johnny Depp nuckelt in seinem neuen Film „The Tourist“ ständig an der elektrischen Zigarette. Die AZ hat sie getestet.

Die Kollegen auf der Terrasse der AZ-Redaktion ziehen noch an ihren Steinzeit-Stängeln. Ja, probieren wollen sie mal. „Ist nichts für mich, schmeckt mir nicht“, sagt einer nach dem Zug aus der elektrischen Zigarette. Das Argument, dass der obercoole Johnny Depp in seinem aktuellen Film „The Tourist“ eine elektrische raucht, scheint auch den Mann aus der Kultur nicht zu beeindrucken.

Ich muss mich auch erst gewöhnen, an dieses überdimensionale Rauchobjekt aus Metall und Plastik mit leuchtendem LED-Lämpchen. Im Internet wird es als Revolution des Rauchens gepriesen. Firmen versprechen, man könne so zum Nichtraucher werden.

"Ein Ersatz auf Dauer ist die Elektro-Kippe nicht"

Die elektrische Zigarette soll ja, wenn man das so sagen kann, die gesunde Alternative zur Tabakvariante sein. Denn sie transportiert zwar Nikotin, aber keinen Tabak und damit keine krebserregenden und lungenschädigenden Inhaltsstoffe. Klingt erstmal gut für den gesundheitsbewussten Raucher.

Hat man den Akkus (designt wie das weiße Papierröhrchen einer Zigarette) an das Depot mit dem flüssigen Nikotin (der „Filter“) geschraubt, kann gedampft werden. So nennen das zumindest die 2.0-Paffer, denn Rauch entsteht nicht, nur ein wenig geruchloser Dampf steigt nach einem Zug aus der E-Zigarette auf.

Das ist auch ihr größter Vorteil: Die E-Zigarette kann man zumindest theoretisch auch dort überall benutzen, wo Rauchen verboten ist. Ich bleibe für meine Testphase erst einmal zuhause und erdampfe fremdes Territorium. Während ich vorher nur in der Küche rauchte, dampft es in meiner Wohnung jetzt überall: im Bad, im Flur und auch im Schlafzimmer.

Die Zufuhr des Nervengifts funktioniert bestens. Ich habe kein Problem damit, einen Tag lang auf echte Zigaretten zu verzichten und stattdessen an der E-Zigarette zu nuckeln. Wann und wie oft ich sie benutzt habe: keine Ahnung. Im Gegensatz zu einer richtigen Zigarette, die irgendwann als Stummel im Aschenbecher landet, kann man die elektrische solange rauchen, bis das Nikotindepot oder der Akkus leer ist. Und der hält ziemlich lange, bis er wieder per USB-Stick am Computer aufgeladen werden muss.

Ein Ersatz auf Dauer, das weiß ich einen Tag später, ist die Elektro-Kippe aber nicht. Auf die Straße haben wir es nicht geschafft. Das wäre mir doch zu peinlich. Den riesigen Stängel muss man mit zwei, besser drei Finger umklammern, um ihn nicht fallen zu lassen. Keine Chance, die Zigarette in den Mundwinkel zu klemmen und freihändig zu rauchen. Und dann dieses Lämpchen an der Spitze, das die Glut symbolisiert und bei jedem Zug aufblinkt: einfach lächerlich.

"Außerdem schmeckt die Elektro-Zigarette nicht"

Als ich sie abends auf einer Party auspacke, wird erst interessiert gefragt und probegezogen, dann eher mitleidig geschaut. Ich stecke sie schnell wieder weg. Die E-Zigarette, so kommt es mir vor, reduziert den Raucher allein auf den Nikotinabhängigen, der seine Sucht befriedigen muss.

Außerdem schmeckt die Elektro-Zigarette nicht. Zwar setzen die Hersteller der Nikotinflüssigkeit verschiedene Tabak-, Apfel- und Minzaromen bei, doch an echten Tabakgeschmack reichen die klinischen Plastik-Kombinationen nicht heran. Denn das Gefühl, eine E-Zigarette zu rauchen, ist so ähnlich, wie einen Liebesbrief per SMS zu verschicken oder statt des Morgenkaffees ein paar Koffeintabletten zu schlucken: Der Effekt mag vielleicht der selbe sein, Spaß macht es nicht.

Das merkt auch Johnny Depp irgendwann. Am Ende von „The Tourist“ erliegt er der Versuchung und schlendert richtig rauchend über den Markusplatz.

Ich zünde mir auf dem Marienplatz eine an.

Christoph Landsgesell

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