Quadratisch, praktisch, schön

Münchens Stille Parkanlagen - AZ-Serie Teil 8: Die Städtische Baumschule in München-Laim.
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Vorbei an langen Baumreihen und hohen Wiesen. In der Städtischen Baumschule zwischen Laim und Pasing hat alles seine Ordnung. Die Wege sind gerade, bepflanzt wird im Quadrat.
Martha Schlüter Vorbei an langen Baumreihen und hohen Wiesen. In der Städtischen Baumschule zwischen Laim und Pasing hat alles seine Ordnung. Die Wege sind gerade, bepflanzt wird im Quadrat.

Münchens Stille Parkanlagen - AZ-Serie Teil 8: Die Städtische Baumschule in München-Laim.

Wenn Leander Wilhelm die Städtische Baumschule in Laim betritt, dann führt sein erster Weg nicht zu den Bäumen und Sträuchern, die hier herangezogen werden, sondern zu einem der wogenden Sonnenblumenfelder. Hier stapft der Chef des Betriebes mitten hinein, kniet sich hin, murmelt, nickt und verkündet dann, als er wieder auftaucht. „Sieht gut aus.“

Wilhelm meint damit den Boden, der sich in diesem Planquadrat gerade von der letzten Baum-Bepflanzung erholen darf. Dafür wurden Sonnenblumen, Ölrettich und Phacelien ausgesät. Durch diese so genannte Gründüngung werden dem Boden nicht nur Nährstoffe zugeführt, die Wurzeln der Pflanzen lockern ihn auch wieder auf. Ein bis zwei Jahre dauert die rein ökologische Kur, dann werden dort, auf dem wild überwachsenem Feld, wieder Bäume angepflanzt, und zwar ordentlich in Reih und Glied.

Lange Baumreihen, abgesteckte Planquadrate, kerzengerade Wege – das Gelände ist nicht gerade das, was man sich unter einem Park vorstellt. Ist die Baumschule auch nicht, sondern in erster Linie eine Produktionsstätte für die Bäume und Sträucher, die später an Münchens Straßen und Plätzen stehen. Doch, und das ist das Besondere: Knapp die Hälfte des 40 Hektar großen Areals, nämlich 17 Hektar, sind öffentlich zugänglich. Die Wege sind zwar rustikal – bei Regen herrscht akute Matsch-Gefahr – und Parkbänke gibt es auch nicht, aber dafür ungestörte Ruhe, die Familien, Jogger und Hundebesitzer durchaus zu schätzen wissen.

Eine der größten Baumschulen Deutschlands

Die Münchner Baumschule ist eine der größten Deutschlands. Entstanden ist dieses Areal hier in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, als Dependance zu der noch heute existierenden Baumschule an der Isar. Diese war die erste Baumschule Münchens, gegründet vor 170 Jahren. Gezogen wurden dort anfangs Maulbeerbäume samt Seidenspinner zum Zwecke der Seidenspinnerei.

Auf dem Laimer Gelände wurden dagegen von Anfang an die verschiedensten Bäume und Sträucher großgezogen – eine Politik, die auch in den vergangenen Jahrzehnten beibehalten wurde. Das Resultat ist beeindruckend: In keiner Münchner Anlage – vom Botanischen Garten einmal abgesehen – ist die Vielfalt der Bäume oder Sträucher so groß wie hier.

Ahorn, Buche, Eiche, Kastanie, Birke, Birne sind nur sechs von insgesamt 50 Baumarten und -sorten, die hier gezogen werden, und zwar etwa vier Jahre lang, dann werden sie „draußen“ angepflanzt. Dazu kommen noch über 150 Sorten an Sträuchern.

Wer jedoch genau wissen will, welche Ahorn-Art vor einem steht, sollte ein Bestimmungsbuch mitbringen. Erklärende Schilder gibt es hier nicht – und auf sein Wissen deutscher Arten und Sorten kann man sich auch nicht verlassen. Denn unter den Einheimischen findet sich so mancher Zuagroaster.

Shopping in den Niederlanden und Italien

Regelmäßig begibt sich Leander Wilhelm auf Einkaufstour, vornehmlich in die Niederlande und nach Italien. Den Klimawandel im Blick, ist Wilhelm auf der Suche nach Bäumen und Sträuchern, die mit längeren Hitzeperioden ebensogut zurechtkommen wie mit den immer noch kalten Wintern. „Unser Klima in München ist schon extrem, die Pflanzen bei uns müssen schon einiges vertragen“, sagt er.

Das „Testgelände“ liegt im öffentlichen Bereich. Hier steht der Zierapfel neben der Hopfen-Buche und dem „säulenförmigen“ Feldahorn. Letzterer ist aus Holland und sieht entschieden zu mickrig aus. Leander Wilhelm schüttelt den Kopf. „Das wird nichts mehr“, sagt er. „Der steht hier schon im sechsten Jahr, aber wird einfach nicht richtig groß. Das ist nichts für die Straße.“ Abgeholzt wird der Feldahorn trotzdem nicht. „Wir werden“, sagt Wilhelm, „schon ein Fleckerl für ihn finden.“

Im Durchschnitt 15 Jahre lang dauert die Testphase für eine neue Baumsorte, erst dann dürfen die Neuen auf die Straßen und Plätze. Einige von ihnen werden aber nicht nur in der Baumschule, sondern auch „vor Ort“ geprüft, sprich am Straßenrand. Wem in Zukunft in München also ein Baum auffällt, den er vorher noch nie hier gesehen hat, dann ist es gut möglich, dass es sich bei ihm um einen der 60 Testbäume handelt.

Beatrice Oßberger

Auf einen Blick

Lage: Die Baumschule liegt genau an der Grenze zwischen den Stadtteilen Laim und Pasing. Zugänge zum öffentlichen Bereich gibt es von der Willibaldstraße und von der Senftenauer Straße.

Größe: Insgesamt 40 Hektar, davon sind 17 Hektar öffentlich zugänglich.

Anfahrt: Zum Beispiel bis zum S-Bahnhof Laim, dann weiter mit der Buslinie 168 bis zur Station Silberdistelweg.

Sehenswertes: 200 Arten und Sorten von Bäumen und Sträuchern in verschiedenen Wachstumsstadien. Bestimmungsbuch mitbringen – anders als im Botanischen Garten steht hier nirgends, welcher Baum oder Strauch vor einem steht. Wer sich auf die Lauer legen will, hat hier in der Dämmerung auch gute Chancen, Füchsen zu begegnen. Note: 2

Charakter: Gerade, lange Wege, vorbei an geraden Baumreihen. Nichts für Romantiker, dafür für Ordnungsliebhaber. Note: 3

Kinderspielplätze: Es gibt zwar nur einen Spielplatz, aber der ist dafür richtig groß und richtig gut ausgestattet: Tischtennisplatten, ein Basketball-Feld, Schaukeln, Klettergerüste, Sandplatz – und viel Platz zum Toben. Anders als im Rest des Parks gibt es hier auch einige Parkbänke. Note: 2

Gastronomie: Es gibt nichts, kein Restaurant, keinen Kiosk. Hier ist der Park ganz „Produktionsfläche“. Note: 4

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