Prügel-Vorwürfe gegen Wiesn-Wirt Krätz

Ein Video-Mitschnitt belegt den Eklat beim Wiesn-Schluss im Hippodrom. Wirt Sepp Krätz wird vorgeworfen, er sei gegen seine Kellner handgreiflich geworden. Er entschuldigt sich.
von  Abendzeitung
Der Herr vom Hippodrom: Festwirt Sepp Krätz steht ab morgen wegen Steuerhinterziehung vor Gericht.
Der Herr vom Hippodrom: Festwirt Sepp Krätz steht ab morgen wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. © dpa

MÜNCHEN - Ein Video-Mitschnitt belegt den Eklat beim Wiesn-Schluss im Hippodrom. Wirt Sepp Krätz wird vorgeworfen, er sei gegen seine Kellner handgreiflich geworden. Er entschuldigt sich.

Die Dirndl sind inzwischen gereinigt, die Lederhosn gelüftet, das Geld ist gezählt. Man dürfte annehmen, dass längst Ruhe und Zufriedenheit eingekehrt ist nach dieser rekordverdächtigen Jubiläums-Wiesn. Aber bei manchen sorgt das Fest noch immer für Gesprächsstoff. Mehr sogar: für hitzige Debatten und schlechte Laune.

Etwa in der Belegschaft des Hippodroms. Dort endete die Wiesn im Eklat. Inzwischen werden schlimme Vorwürfe gegen Wiesn-Wirt Sepp Krätz erhoben. Er soll gegen seine Kellner handgreiflich geworden sein. Als die Bedienungen am letzten Abend nach Schankschluss gegen halb elf auf die Bühne gehen wollten zum Mitfeiern, wie es im Hippodrom Tradition hat, habe Krätz dies mit Händen und Füßen verhindert, erzählen Mitarbeiter.

Einer davon: Sascha Schneider (34), ein angehender Lehrer. Er hat im Hippodrom als Kellner gearbeitet und schildert der AZ die Szenen so: „Krätz hat offenbar kurzzeitig entschieden, mit der Tradition zu brechen. Sechs, sieben Kellner waren schon auf der Bühne. Die hat er beschimpft und runtergetrieben. Einen hat er sogar am Ohr gepackt, das war Wahnsinn.“

"Mehrere Faustschläge an den Hinterkopf"

Mindestens einen unbeteiligten Kellner (Name der Redaktion bekannt), der direkt an der Bühne seine Tische hatte und dem wütenden Wiesn-Wirt bei dessen brachialer Aufräum-Aktion in die Quere kam, „hat Krätz mehrere Faustschläge an den Hinterkopf verpasst“, sagt Schneider.

Die AZ hat Krätz bereits vor Tagen auf die Vorgänge angesprochen. Krätz wehrte sich: „Es ist nichts passiert, niemand ist verletzt, alles okay.“

Ach ja? Die bedienende Belegschaft sah das wohl anders. Nach den Zwischenfällen versammelte sich ein großer Teil der Bedienungen in der Küche; dort hauten sie so lange wütend und johlend auf die Tische, bis der Chef in die Küche kam und zu den Vorfällen Stellung nahm. Dabei ist Sepp Krätz von einem seiner Bediensteten mit der Handy-Kamera gefilmt worden.Diese Filme liegen der AZ vor.

"Ich habe sie runtergeschmissen"

Sie zeigen Krätz, wie er gestikulierend und laut zu seinen Kellnern spricht. Von Revolte ist die Rede. Er habe nicht gewollt, dass alle Kellner auf die Bühne gingen. Gut vernehmbar sagt Krätz dort: „Die sind trotzdem oben gestanden, ich habe sie runtergeschmissen die Treppe. Fair oder nicht fair. So!“.

Er räumt vor den Bedienungen auf Nachfrage ein, er hätte vergessen, ihnen das neue Bühnen-Verbot vor dem Zwischenfall mitzuteilen. Er entschuldigt sich: „Das ist das, was ich falsch gemacht hab.“

Weshalb Krätz die Kellner nicht mehr zum Feiern auf der Bühne haben wolle? Darüber mutmaßt Kellner Schneider: „Der ist wohl eifersüchtig und glaubt, die verdienen eh so viel.“ In einem ist sich Schneider sicher: „Für Krätz arbeite ich nicht mehr.“

Was Schneider bedauert: „Die Szenen, in denen Krätz am impulsivsten ist, fehlen in den Videos leider. Am Ende hat er gesagt, wer für ihn arbeite, der müsse ihn akzeptieren, wie er ist – und wer dazu zu blöd sei, dem müsse man nachhelfen. Das sollte wohl heißen: Der muss auch mal eine Watschn einstecken können.“

Für Schneider ist die Zeit im Hippodrom vorbei. Sepp Krätz war am Dienstag für die AZ nicht zu erreichen. Michael Schilling, Johanna Jauernig

Das Video-Protokoll des Eklats

Die AZ wertet die Filme aus, die Krätz vor Kellnern in der Küche des Hippodroms zeigen.

Die Stimmung ist schlecht zum Wiesn-Abschluss im Hippodrom. Nach dem Eklat, zu dem es zwischen Kellnern und dem Festwirt Sepp Krätz gekommen war, ziehen sich die Bedienungen in die Küche zurück. Dort zeichnet jemand mit seiner Handy-Kamera auf, was nun passieren wird

Die AZ hat die Filme und protokolliert, was nach dem Tumult geschehen ist.

In der ersten Szene ist zu sehen, wie die versammelten Bedienungen mit den Händen auf die Küchentische schlagen, sie johlen, sie pfeifen – um den Wirt in die Küche zu bewegen. Einer ruft schließlich: „Da ist der Chef!“ Dann steht Krätz in der Küche, am Kopfende eines Tisches. Er gestikuliert und erklärt, dass künftig nicht mehr jeder Kellner zum Wiesn-Abschied auf die Bühne dürfe.

Krätz sagt: „Nächstes Jahr, wer auf die Bühne geht, ist der Gerd, die Eva, die Kerstin, die Annabell. Wir haben fünf Monate auf die Wiesn hingearbeitet. Die Köche gehen raus nächstes Jahr! Und noch ein paar, die das ganze Jahr für die Wiesn arbeiten. Sie gehen auf die Bühne und feiern. Und ihr geht zu euerm Gast und könnt dem sagen, wie schön das war – und bei euerm Gast bedanken, der an dem Abend da ist. Und nicht feiern auf der Bühne! Der Grund war heute zwar ein kleiner, aber da hat sich ein Teil nicht dran gehalten an dem, was ich jetzt gesagt hab. Die sind trotzdem oben gestanden, ich habe sie runtergeschmissen die Treppe. Fair oder nicht fair. So! Ich bin euch nicht böse, wenn ihr geht und alles stehen lasst. Macht’s es, wenn ihr wollt. Lieber ist mir, ihr macht es ganz normal fertig. Jetzt habt ihr mich gehört, und mehr gibt’s nicht zu sagen. Aus!“

Ein Kellner wirft ein: „Das könnte man ja auch mal vorher bereden. Mir freun uns da schon lang drauf, dass mer da oben stehen.“ (Beifall, Gejohle.)

Krätz fährt fort: „Ich weiß, dass die Tradition gebrochen wurde. Dafür entschuldige ich mich.“ (Beifall). „Das Problem war wieder eine Minderheit, die sich nicht an die Regeln gehalten hat.

Da gibt’s einen Guten und auch einen Bösen. Deswegen sage ich immer: Das Schlechte muss so gut sein wie das Gute. Denn der Gute ist immer der Depp – der macht dem Schlechten die Arbeit mit.

Der Schlechte steht oben – und der Gute arbeitet noch bis zur letzten Minute! Ist es so, oder ist es nicht so?“

Wieder meldet sich ein Kellner zu Wort. Er beklagt, Krätz’ Wutanfall habe auch Unbeteiligte getroffen: „Sie müssen aber sehen, wer da arbeitet!“

Krätz antwortet: „Es war in dem Moment nicht mehr einsehbar, wer arbeitet und wer nicht. Also: Alle Treppe runter! Bei den einen habe ich mich entschuldigt, bei den anderen, die ich nicht gesehen habe, nicht. Also bitte, liebe Leute, jetzt könnt ihr ’ne Revolte machen oder auch nicht.

Es war nicht angekündigt (dass die Kellner nicht auf die Bühne sollen, d. Red.), das ist vollkommen richtig. Das ist das, was ich falsch gemacht hab. Ich wollte ja auch, dass ihr hochgeht – wenn ihr euch an die Zeit haltet. Das war halt eine Minderheit.“ Danach endet die Video-Aufzeichnung.

Protokoll: Michael Schilling

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