Prügel-Opfer: „Ich habe eine riesige Wut in mir“

Er fürchtet um seinen Geschmackssinn: In der AZ erzählt Opfer Pasquale T., wie er in der 089-Bar von einem Polizisten verprügelt wurde – und wie es ihm heute, mehrere Wochen nach der Tat, geht.
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Die 089-Bar
Mike Schmalz Die 089-Bar

MÜNCHEN - Er fürchtet um seinen Geschmackssinn: In der AZ erzählt Opfer Pasquale T., wie er in der 089-Bar von einem Polizisten verprügelt wurde – und wie es ihm heute, mehrere Wochen nach der Tat, geht.

Es war, als würde er aus einem langen Schlaf erwachen. Als er die Augen aufschlug, bemerkte er zuerst die hellen Wände des Krankenzimmers. Sein Kopf fühlte sich weich an, in seinem Kiefer pochten höllische Schmerzen. Pasquale T. konnte sich zunächst an nichts erinnern. Dann erzählten ihm seine Freunde, er habe großes Glück gehabt. Glück, dass er wieder erwacht ist.

Es geschah am 4. Dezember, in der Diskothek 089 am Maximiliansplatz. Dort hatte ein Gast den 36-jährigen Italiener halb tot geschlagen. Zwei Wochen ermittelte die Mordkommission. Am Sonntag teilte die Polizei schockiert mit: Der Peiniger von Pasquale T. war ein Streifenbeamter aus Giesing.

„Ich habe den Faustschlag gespürt – doch alles, was danach kam, da ist die Erinnerung weg. Ich weiß nur noch, wie ich die Augen aufgeschlagen habe und im Krankenhaus lag“, erzählt das Opfer des Prügel-Polizisten der AZ.

Der Brutalo-Beamte hatte dem 36-jährigen Italiener erst mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Als Pasquale T. am Boden lag, trat er nach – mit voller Wucht und gezielt gegen den Kopf des bewusstlosen Italieners. Dann flüchtete der Schläger durch den Personalausgang. „Er hat den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen“, sagte Oberstaatsanwältin Barbara Stockinger über die Tat des mittlerweile suspendierten und in U-Haft sitzenden Beamten. Wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung wird der sich nun verantworten müssen.

An den Tritt, der fast sein Leben beendet hätte, hat Pasquale T. keine Erinnerung mehr. Eines weiß er jedoch noch ganz genau: „Es war eine feige Tat“. Gegen vier Uhr in der Früh warf er einem Mädchen, das mit dem Polizisten an der Bar stand, einen Blick zu. „Ich habe nur geschaut - mehr nicht“, beteuert T. Doch das genügte, um den Polizisten wohl aus Eifersucht durchdrehen zu lassen. „Ich stand schon fast mit dem Rücken zu ihm, als er zugeschlagen hat,“ erzählt T. und legt einen Finger auf die Narbe, die sich unterhalb seines Ohrs den Kiefer entlang zieht – und die er mit einem Drei-Tage-Bart zu verstecken versucht.

In der Uniklinik wurde T. operiert, vergangene Woche konnte er wieder in seinem Restaurant am Maximiliansplatz arbeiten. Es geht ihm schon wieder besser. „Sie haben alles aufgeschnitten und Metallplatten eingesetzt“, seufzt er über die Kiefer-Operation. Doch die Ärzte machten ihm auch Mut: Mehr als zwei Wochen nach der Attacke sind die Wunden gut verheilt, bleibende Schäden sind unwahrscheinlich. „Ein Glück“, sagt Pasquale T. erleichtert. Schließlich ist er als Chef eines Restaurants auf das Gefühl in seinem Gaumen angewiesen.

Seinen Peiniger hat er vor jener fatalen Partynacht noch nie gesehen. „Ich habe manchmal eine riesige Wut in mir“, gibt der Italiener zu. Doch er sagt auch: „Ich kann jetzt nichts mehr machen – nur versuchen, zu vergessen.“ Dann fasst sich Pasquale T. an die Narbe in seinem Gesicht. Die wird immer bleiben.

R. Keck

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