Prozessbeginn gegen Kopf der bayerischen Russen-Mafia
Bildung einer kriminellen Vereinigung, räuberische Erpressung, Drogenhandel, versuchte Geldfälschung und Urkundenfälschung: Der Prozess gegen drei Komplizen des russischen "Paten" Alexander Bor beginnt.
MÜNCHEN Der Name des russischen „Paten“ Alexander Bor sorgt im fernen München für erhöhte Alarmbereitschaft, dabei steht der furchteinflößende Mann heute nicht einmal selber vor Gericht. Die Sicherheitsvorkehrungen werden am Landgericht dennoch besonders hoch sein, wenn die Staatsschutzkammer gegen drei seiner angeblichen Komplizen in Bayern verhandelt. Tigran K. (39), laut Anklage Kopf der bayrischen Russenmafia, und seine Regensburger „Statthalter“ Valentin P. und Reinhold R. müssen sich wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, räuberischer Erpressung, Drogenhandel, versuchter Geldfälschung und Urkundenfälschung verantworten.
Seit 2001 habe Tigran K. in Bayern die kriminellen Aktivitäten nach den Regeln des „Heiligen Abschtschjak“ koordiniert. Das Wort heißt soviel wie „Sozialkasse“, steht aber für ein System von Straf- und Schutzgeldern. Das Geld diene dazu, inhaftierten Mitgliedern finanziell zu helfen, zum Beispiel durch die Übernahme der Rechtsanwaltshonorare.
Valentin P. soll bei einer solchen Erpressung schon einmal eine Kalaschnikow mit sich getragen haben. Meist reichte aber ein Verweis auf Alexander Bor, um widerstrebende Zahler zu überzeugen. Die Bande soll sich ausdrücklich auf ihn berufen haben, um ihre Opfer einzuschüchtern.
Rekrutierung neuer Kräfte in München
Alexander Bor war 2004 in Stadelheim wegen Totschlags zu 13 Jahren Haft verurteilt worden, 2006 nach insgesamt sieben Jahren Haft in Bayern aber nach Russland abgeschoben worden. Er scheint aber nach wie vor die Fäden zu ziehen. Anfang 2007 soll Tigran K. kriminelle Erlöse von 40.000 Euro an Bor ausgezahlt haben.
In München bemühte sich Tigran K. um die Rekrutierung neuer Kräfte für das „Abschtschjak“-System. In der Verdistraße veranstaltete er im Sommer 2007 zu diesem Zweck ein Seminar für elf Russen und Armenier. Als „Statthalter“ in Kaufbeuren war Thomas F. (31) bereits im August zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Ähnlich wie am Freitag lautete die Anklage auch bei ihm auf Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Erpressung und Drogenhandel.
Das Gericht hat für den am Freitag beginnenden Prozess insgesamt zwölf Verhandlungstage angesetzt. Mit einem Urteil wird am 8. Januar 2009 gerechnet.
John Schneider
- Themen: