Prozess um Sex-Video: „Das war eine miese Nummer“
MÜNCHEN - Vier Angeklagte gestehen, Fischer heimlich beim Sex gefilmt zu haben. Sie bekommen Geldstrafen von bis zu 14.400 Euro.
Ottfried Fischer ist ein Medienprofi. So entlockt er sich sogar einmal ein Lächeln für die Fotografen, die ihn im Münchner Schwurgerichtssaal beobachten. „Er geht einen schweren Weg, den er gehen muss, aber er geht ihn gerne und zuversichtlich“, sagt sein Anwalt Steffen Ufer. Fischer ist Zeuge und Nebenkläger, weil er mit einem Sex-Video zu einem Interview genötigt worden sein soll. „Ich bin unter Druck gesetzt worden“, bestätigt Fischer gestern im Zeugenstand.
Angeklagt sind zwei Männer und zwei Frauen. Sie hatten Ottis Privatsphäre mit einem heimlich aufgenommenen Video verletzt, das ihn beim Sex mit zwei Prostituierte zeigt – alle vier sind geständig und wurden am Ende eines langen Gerichtstages zu Geldstrafen zwischen 600 und 3600 Euro verurteilt.
Nur der Ex-„Bild“-Redakteur Wolf-Ulrich Sch. (29) bestreitet, Fischer mit dem Video nötigt zu haben, ein Interview zu bekommen. Ihn trifft dennoch die härteste Strafe. 14.400 Euro muss er zahlen, weil Amtsrichter Hilmar Buch durchaus eine Drohung vorliegen sah. Der Richter hatte sogar überlegt, eine Freiheitsstrafe gegen den jungen Journalisten auszusprechen. Er nahm davon Abstand, weil der Angeklagte nicht vorbestraft war und die Grenze zwischen legalem und illegalem Journalismus fließend sei.
Im Gegensatz zu dem Journalisten geben sich die anderen Angeklagten reumütig, entschuldigen sich bei Fischer. Die Prostituierte Maria K. gab gestern zu, das Video mit ihrer Komplizin Jasmin, die flüchtig ist, gedreht zu haben. „Er hat davon nichts mitgekriegt“, sagte sie. Als einer der Drahtzieher gilt Klaus-Peter H., in dessen Sex-Clubs die Frauen arbeiteten. Er hatte zusammen mit Mike P. die Idee zum Video.
Der Hauptangeklagte Mike P. gab ebenfalls zu, dass er das Sex-Video drehen ließ. Er vertreibt Kreditkarten-Lesegeräte, mit denen die Prostituierte Belege von Fischers Zahlungen fälschten. Parallel läuft derzeit noch das Betrugsverfahren. Als Fischer beim Kreditkartenbetreiber widersprach, ging P. einen Schritt weiter. „Ich habe Druck gemacht, dass wir Beweise brauchen“, gab er zu – und stiftete die Prostituierte an, in Fischers Wohnung zu gehen und das Video zu drehen.
Mike P. belastete den Angeklagten Wolf-Ulrich Sch., der damals bei „Bild“ arbeitete. Er habe ihm das Video für 3500 Euro abgekauft, sagte Mike P. Wolf-Ulrich Sch. habe ihm außerdem weitere 50.000 bis 100.000 Euro in Aussicht gestellt, wenn das Sex-Video veröffentlicht werde. „Ich weiß, das war eine ganz miese Nummer von mir“, sagte Mike P. bei seinem Geständnis.
Wolf-Ulrich Sch. ist der Einzige, der nicht geständig ist. Er gibt nur zu, das Video neben anderen Unterlagen wie Quittungen von Mike P. bekommen zu haben. Die 3500 Euro seien Infohonorar gewesen. „Das Video war für mich nur ein Beleg“, sagte er. Nie habe er vorgehabt, das Video zu veröffentlichen oder Mike P. gar Geld dafür in Aussicht gestellt. Inzwischen habe er das Video zerstört. Seine Anwälte fordern Freispruch.
Wolf-Ulrich Sch. behauptet: Fischers Managerin Brigitte M. habe ihn angerufen und gefragt, ob er das Video habe. Dann habe sie von sich aus ein Interview mit Fischer angeboten. Brigitte M. sagt dagegen, der Journalisten habe sich an sie gewandt und gleich das Video erwähnt. Sie sei daraufhin in die Offensive gegangen und habe mit Sch. den Plan entwickelt, dass Fischer ein Interview gebe und das Video dafür im Giftschrank verschwinde. M. sagte auch, sie habe sich von Sch. „nie unter Druck gesetzt gefühlt“.
An Fischer schrieb sie aber damals eine SMS, dass seine Karriere beendet sei, wenn das Video an die Öffentlichkeit gerate. Fischer gestern im Zeugenstand: „Ohne dieses Video hätte ich keinen Grund gehabt, ein Interview zu geben.“
„Schmuddeljournalismus“ nennt sein Anwalt Ufer solche Methoden. Fischer ist mit dem Urteil zufrieden: Es sei ein Zeichen gesetzt worden. Er hofft auf die abschreckende Wirkung. John Schneider
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