Prozess: Sind 87 Wunden ein Beweis?

Gunnar D. soll seine Geliebte und sein Kind getötet haben. Rechtsmediziner haben zahlreiche Verletzungen an seinem Körper gefunden. Laut Gutachter könnten sie vom Opfer stammen
von  John Schneider
Vor Gericht: Der angeklagte Gunnar D. mit seinem Anwalt Sascha Petzold.
Vor Gericht: Der angeklagte Gunnar D. mit seinem Anwalt Sascha Petzold. © dpa

Gunnar D. soll seine Geliebte und sein Kind getötet haben. Rechtsmediziner haben zahlreiche Verletzungen an seinem Körper gefunden.
Laut Gutachter könnten sie vom Opfer stammen

MÜNCHEN 87 Verletzungen – so viele haben die Rechtsmediziner am Körper von Gunnar D. (45) gezählt. Der Ingenieur muss sich wegen Mordes an seiner Geliebten und dem gemeinsamen Kind Alexandra († 21 Monate) verantworten.
Stammen die Wunden von seiner Geliebten Georgina Z. († 30)? Diese Frage sollte Gutachter Oliver Peschel von der Rechtsmedizin der LMU für das Gericht klären. Die Frau soll im Wasser verzweifelt um ihr Leben gekämpft haben. Laut Anklage hat sie der Münchner so lange unter Wasser gehalten, bis sie ertrank. Er habe ihre Beziehung geheim halten wollen und keinen Unterhalt für Alexandra zahlen wollen. Dass sie eine Art Kampf beobachteten, haben auch portugiesische Zeugen bestätigt.

Drei Wunden am Kopf des Angeklagten, neun am Rumpf, 24 am rechten Arm, 11 am linken, 21 am rechten Bein und 18 am linken Bein hat der Gutachter gezählt. Dazu kommt eine Bisswunde am Arm. Peschel waren vor allem bogenförmige Kratzer am Rumpf aufgefallen. Sie würden gut zu den Verletzungen passen, die von Fingernägeln verursacht werden – das stütze die Todeskampf-Version. Solche Verletzungen könnten allerdings auch von einem Gebüsch oder spitzen Steinen stammen, sagte Peschel.
Die Todesursache des Kindes aber bleibt im Dunkeln. Alexandras Leiche wurde Monate später gefunden. Sie war vollständig skelettiert, es fehlten Knochen, die wohl von Tieren verschleppt wurden. An den vorhandenen Knochen – unter anderem dem Schädel des Kindes – konnten die Rechtsmediziner keine Verletzungen entdecken.

Damit können sie lediglich ausschließen, dass die Kleine durch einen Schuss, Stich oder Schlag getötet wurde. Ersticken, ertrinken oder vergiften – alles erscheint da möglich.
Der Prozess wird am 17. September fortgesetzt. Dann kommen unter anderem die psychiatrischen Gutachter im Gerichtssaal zu Wort. Sie werden sich dabei auf ihre Eindrücke aus der Verhandlung verlassen müssen. Gunnar D. hatte es abgelehnt, mit ihnen zu reden.

Verteidiger Sascha Petzold hat zudem noch Beweisanträge im Köcher. Die sollen unter anderem zeigen, dass sein Mandant mit großer Wahrscheinlichkeit bereits außer Landes war, als die kleine Alexandra starb. Der Prozess könnte sich deshalb noch bis zum letzten Verhandlungstermin, hinauszögern – den 21. September.

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