Prozess: Psychisch Kranker fuhr Mutter von fünf Kindern tot

"Es überkam mich. Ich gab Gas und wollte mich umbringen." - So schildert Stefan G. vor Gericht den Beginn seiner Wahnsinnstat, als er im September 2008 mit seinem Pkw einen Kleinwagen abschoss. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, dann soll der 38-Jährige auf Dauer in einer Anstalt untergebracht werden.
von  Abendzeitung

MÜNCHEN - "Es überkam mich. Ich gab Gas und wollte mich umbringen." - So schildert Stefan G. vor Gericht den Beginn seiner Wahnsinnstat, als er im September 2008 mit seinem Pkw einen Kleinwagen abschoss. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, dann soll der 38-Jährige auf Dauer in einer Anstalt untergebracht werden.

Er hielt sich abwechselnd für Jesus Christus, Bruce Lee oder den Terminator. Als Rachemaschine trat Stefan G. (38) auch am 24. September 2008 auf der Stadelheimer Straße aufs Gaspedal. Die Folge war eine Kollision mit einem Fiat 500. Der Kleinwagen überschlug sich und landete auf dem Dach. Die schwer verletzte Beifahrerin Rhimo H. (44), Mutter von fünf Kindern, erlag zwei Stunden später im Krankenhaus ihren schweren Kopfverletzungen.

Fahrlässige Tötung lautet der Vorwurf in der Anklage. Doch der Vorsitzende Richter des Schwurgerichts machte bei der Prozesseröffnung deutlich, dass auch der Vorwurf eines bedingt vorsätzlichen Totschlags im Raum steht. Stefan G. ist derzeit in der Psychiatrie. Der Staatsanwalt will eine dauerhafte Unterbringung erreichen, der gelernte Gärtner leide an paranoider Schizophrenie. Nach dem Unfall war er unverletzt aus seinem Polo gestiegen, zog sich aus und schrie: „Ich bin der Terminator!“

Racheakt oder Selbstmordversuch?

Beim Prozessauftakt ist seine Schilderung der Amokfahrt widersprüchlich. Auf der einen Seite wollte er als „Terminator“ die Polizeiwache Giesing mit seinem Auto treffen. Andererseits behauptet Stefan G., von Selbstmordgedanken getrieben worden zu sein: „Es überkam mich. Ich schnallte mich ab und gab Gas. Ich wollte mich umbringen.“

Auslöser der Wahnsinnstat war die Abfuhr bei seiner Verlobten gewesen. Die Frau hatte ihm am frühen Morgen erklärt, dass sie ihn nicht mehr heiraten wolle. Stefan G. randalierte, drehte die Musik in seinem Wagen auf und hupte, bis die Polizei kam. Er fühlte sich von allen verraten, plante zunächst, nach Afrika zu fahren. Auf der A 8 machte er kehrt, um sich an der Polizei zu rächen – er glaubte, die Ordnungshüter hätten eine Mitschuld an seinem Unglück.

Verfolgungswahn, Liebeswahn, Größenwahn – die Formen seiner seelischen Störung sind vielfältig. Bei einem Studien-Aufenthalt im Senegal habe er sich vom Teufel verfolgt gefühlt. Er wurde nach Hause geschickt. Hier verliebte er sich in eine Senegalesin, die seine Liebe aber nicht erwiderte. Als er ihr ohne Geld nach Senegal folgen wollte, wurde er von der Polizei aufgegriffen. Die ersten Aufenthalte in der Psychiatrie in Regensburg und Taufkirchen folgen.

Auch kurz vor dem 24. September 2008 war er in München in der Nußbaumstraße in psychiatrischer Behandlung. Doch er setzte seine Medikamente auf Anraten eines Freundes wieder ab. Mit fatalen Folgen.

Das Opfer Rhimo H. hinterlässt fünf Kinder und einen arbeitsunfähigen Mann. Mohamed H. steuerte den Fiat 500 und wurde bei der Kollision am Kopf verletzt. Er leidet bis heute auch psychisch an den Folgen und tritt in der Verhandlung als Nebenkläger auf. Der Prozess wird fortgesetzt.

John Schneider

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