Prozess in München: Taxifahrer gesteht Auto-Attacke

Weil er über einen Fußgänger verärgert war, setzte der 58-Jährige mit seinem Taxi zurück und überfuhr den Mann mit voller Absicht. Am Donnerstag hat der Münchner die Tat vor Gericht gestanden.
von  John Schneider
Der Münchner Taxler gestand die Tat vor Gericht. (Archivbild)
Der Münchner Taxler gestand die Tat vor Gericht. (Archivbild) © Felix Hörhager/dpa

In Schwabing überfährt ein Taxifahrer einen Fußgänger. Laut Anklage mit der Absicht zu töten – der erste Prozesstag.

München - Was ihn da geritten hat, kann Martin S. (59) nicht sagen. Der Taxler und gelernte Speditionskaufmann ist in seinem Leben nie straffällig geworden. An diesem 28. August 2016 sei auch nichts Besonderes vorgefallen – und doch rastete er komplett aus, als es ein Mann am späten Abend auf der Altschwabinger Franzstraße wagte, gegen eine Scheibe seines Taxis zu schlagen.  Der Fußgänger wollte so erreichen, dass der Taxler in der engen Straße langsamer fährt.

Der Faher hielt an, setzte seine Mercedes E-Klasse zurück, und hielt dann mit quietschenden Reifen und aufheulendem Motor voll auf den jungen Scheibenklopfer zu. Der 26-Jährige hatte keine Chance. Er wurde von dem Taxi erfasst und auf die Motorhaube geschleudert. Dann fiel er auf die Straße und wurde von dem Wagen überfahren.

Der Fahrer hat sich damit nach Überzeugung von Staatsanwalt Laurent Lafleur des versuchten Mordes schuldig gemacht. Am Donnerstag begann der Prozess.

Gleich zu Beginn der Verhandlung lässt Martin S. seinen Anwalt Johannes Buchberger eine Erklärung verlesen. Im Wesentlichen bestätigt diese die Tatversion der Anklage. Der Taxler habe sich durch Gesten provoziert gefühlt: "Er hat sich das nicht gefallen lassen wollen."

Zunächst floh Martin S. vom Tatort, stellte sich dann aber kurz darauf der Polizei. "Er bedauert das zutiefst", sagt Buchberger über seinen Mandanten. Und er sucht nicht nach Rechtfertigungen für die Tat: "Es gibt keinen Grund, auch nicht ansatzweise."

Martin S. hat sich bei seinem Opfer entschuldigt und inzwischen 4500 Euro bezahlt. Darüber hinaus verpflichtet er sich, weitere 15 000 Euro zu bezahlen, sobald ihm das möglich ist. So weit, so einsichtig. Nur in einem – allerdings für den Ausgang des Verfahrens ganz wesentlichen Punkt – widerspricht Martin S. der Anklage: "Ich wollte keine tödlichen Verletzungen."

Das sagt er seinem Opfer Abdernaser A. auch persönlich, als der in den Zeugenstand tritt. "Ich wollte Sie erschrecken, aber nicht töten." – "Ich kann Ihnen verzeihen", erwidert ihm der 26-Jährige. Martin S. bedankt sich.

Das Opfer hat Riesenglück gehabt. Das Taxi überfuhr ihn zwar, aber er kam nicht unter die Reifen, sondern wurde lediglich vom Unterboden des Daimlers erfasst. Sein Körper war danach von offenen Wunden übersät, dazu kamen Blutergüsse am Kopf.

Die Verletzungen waren so schwer, dass der 26-Jährige drei Tage im Klinikum Bogenhausen stationär behandelt wurde. Die körperlichen Schmerzen plagten ihn zwei bis drei Monate. Dazu verlor er seinen Job. Seelisch hat der Mann bis heute an den Folgen der Tat zu knabbern. "Ich kriege Angst", beschreibt er seine Gefühle, wenn er an einer Kreuzung steht und sich ein Taxi nähert.

Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil soll am 29. März gefällt werden.

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