Prozess in München: Musikprofessor und Vergewaltiger?

Wegen sexueller Nötigung in drei Fällen wird der 63-Jährige zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Bis zuletzt stritt er alle Vorwürfe ab.
von  jot
Der angeklagte Professor Siegfried M. mit seinen Anwälten.
Der angeklagte Professor Siegfried M. mit seinen Anwälten. © jot

München - "Zu einer solchen Gewalt bin ich nicht fähig", sagt Siegfried M. (63). Der Ex-Präsident der Münchner Musikhochschule nutzt auch sein letztes Wort in dem Vergewaltigungsprozess, um die Vorwürfe gegen ihn noch einmal vehement abzustreiten und an das Gericht zu appellieren, ihn freizusprechen.

Vergeblich, das Gericht glaubt den Unschuldsbekundungen nicht. Wegen sexueller Nötigung in drei Fällen verurteilt es den 63-Jährigen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft. Die Strafkammer sieht es als erwiesen an, dass er eine Frau bei drei Bewerbungsgesprächen zwischen 2007 und 2013 sexuell nötigte.

Vom Vorwurf der Vergewaltigung wird er am Mittwoch indes freigesprochen.

Staatsanwältin ist von der Schuld des Angeklagten überzeugt

Der prominente Pianist wurde bereits im Jahre 2016 in anderer Sache wegen sexueller Nötigung verurteilt. Die Strafe war in der Berufung von 15 Monaten auf neun Monate zur Bewährung gemildert worden. Doch dieses Urteil steckt noch in der Revision. Ein Grund, warum die Verteidiger des Professors – Philip Müller und Alexander Stevens – das Plädoyer der Nebenklage-Anwältin attackierten.

Antje Brandes hatte von vier Opfern gesprochen und damit auf die Vorwürfe der beiden Frauen aus dem ersten, aber noch nicht abgeschlossenen Verfahren angespielt. Im zweiten, am Mittwoch zu Ende gegangenen Prozess wurde seit November 2017 sogar ein Vergewaltigungsvorwurf

Eine heute 54-Jährige hatte dem Musikprofessor vorgeworfen, sie nach einer Jobbewerbung 2004 in seinem Büro vergewaltigt zu haben. Unter Tränen sagte die Angestellte aus, dass sie im Jahre 2016 aus dem Radio vom ersten Prozess gegen Siegfried M. erfuhr.

Angeklagter: "Klima der Verführung und Verführbarkeit"

Sie sei wie vom "Donner gerührt" gewesen. "Ich bin auch eine Verletzte", habe sie gedacht und sich an den Vorfall vor 14 Jahren erinnert. Nach dem Geschlechtsverkehr habe der Professor noch gesagt: "Jetzt ist das Sofa eingeweiht." Staatsanwältin Elke Bönisch glaubt ihr und fordert sieben Jahre Haft. Der Professor wirkt sichtlich erschüttert, als er das hört.

Siegfried M. gibt den Sex mit Beate S. zu, aber der sei einvernehmlich gewesen. „Wir hatten normalen Geschlechtsverkehr“, erklärte er beim Prozessbeginn. Außerdem habe sich die Frau auch nach der angeblichen Vergewaltigung weiter mit ihm getroffen. Auch dabei sei es zu Sex gekommen.

Seine Anwälte schüren in ihren Plädoyers Zweifel an den Aussagen der Frauen. Zu wenig detailliert, zu widersprüchlich, zu wenig glaubhaft hätten sie bei Polizei und im Prozess ausgesagt. Falscherinnerungen bei Zeugen seien zudem die Regel, erklärt Stevens. Nach dem Urteil kündigen die Verteidiger an, Revision einzulegen.

Siegfried M. gibt zu, dass er ein "Klima der Verführung und Verführbarkeit" geschaffen habe. Es sei fahrlässig gewesen, Privates und Beruf nicht deutlich zu trennen, sagt er. Aber der Sex war immer gewaltfrei. Wird das Urteil rechtskräftig, verliert der Ex-Hochschulleiter den Beamtenstatus und damit seine Pensionsansprüche.

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