Prozess in München: Mann bewirft Kind mit Münzen - Bewährung
München - Oliver Peschel ist ein erfahrener Fachmann. "Aber das hab’ ich in 23 Jahren Rechtsmedizin noch nicht erlebt", sagt der Mann, der unter anderem als Konservierungsbeauftragter dafür sorgt, dass es Ötzi im Bozener Archäologiemuseum nicht zu warm wird.
Neu für Peschel und die anderen Prozessbeteiligten ist der Fall eines Kiosk-Verkäufers im Westend, der aus Wut über zu viel Kleingeld ein kleines Kind mit Münzen beworfen hat. Peschel hat unter anderem ausgerechnet, mit welcher Geschwindigkeit, die Münzen geworfen wurden, um die kleine Tochter (2) von Carla T. (32, Namen geändert) so zu verletzen, wie es auf den Fotos vom 8. Dezember 2017 dokumentiert wurde. Das kleine Mädchen trug Rötungen und Schwellungen an der Lippe davon.
Die könnten unter Umständen auch davon herrühren, dass sich das Kind im Stress selber auf die Lippe gebissen hat. Sehr wahrscheinlich ist das nicht. Denn die Mutter sagt im Zeugenstand aus, dass sie gesehen hat, wie eine der Münzen ihr Kind an der Lippe getroffen hat.
Aus Wut über zu viel Kleingeld Münzen geworfen
Der Kiosk-Verkäufer sei in Wut geraten, weil sie mit zu vielen Münzen Fahrkarte und Lutscher bezahlen wollte. "Wie ein Stier" habe er vor ihr gestanden. "Ich hatte Angst." Dann habe er gezielt und mit ausholender Bewegung die Münzen in Richtung Kinderwagen geworfen.
Der angeklagte Kiosk-Mann streitet das ab. Er habe die Münzen lediglich beiseite geschoben. Geworfen habe er nicht.
Doch Amtsrichterin Ines Tauscher hält das für gelogen. Sie glaubt der Zeugin. Und verurteilt den 58-Jährigen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Die Strafe setzt sie zur Bewährung aus. Dafür muss der vorbestrafte Mann 1.800 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Damit bleibt Tauscher nur zwei Monate unter der Forderung der Staatsanwältin.
Die Richterin begründet ihr Urteil mit der mangelnden Reue und den Vorstrafen des Mannes. Er habe sich einer gefährlichen Körperverletzug schuldig gemacht, weil eine Münze auch das Auge des Kindes hätte treffen können. Mit dementsprechend schlimmen Folgen.
Annahme von Kleingeld - 50 Münzen sind erlaubt
Auch bei der Annahme von Kleingeld hat die EU für Ordnung gesorgt. Eine entsprechende Verordnung besagt, dass Verkäufer nicht dazu verpflichtet sind, Kleingeld in unbegrenzter Höhe anzunehmen. Bei einer Einzelzahlung müssen höchstens 50 Münzen entgegengenommen werden. Das gilt für Privatpersonen, Geschäfte, Gaststätten, Tankstellen – und Kioske.
Euro-Scheine müssen in unbegrenzter Höhe angenommen werden. Aber auch hier gibt es Einschränkungen. Ein Verkäufer kann sich weigern, seine Ware gegen einen zu großen Schein auszugeben. Und zwar aus praktischen Gründen. Zum Beispiel, wenn er versichert, dass er zu wenig Wechselgeld in der Kasse hat.
Wem die Münzen in der Tasche zu schwer werden, kann sie kostenfrei bei Filialen der Deutschen Bundesbank in Scheine eintauschen. Bei anderen Bankfilialen können Kosten entstehen.
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