Prozess in München: Klebe-Aktivisten kommen mit Verwarnung davon

München - Luca T. gibt sich kämpferisch. In der Pause vor der Urteilsverkündung sagt der 20-jährige Student im AZ-Gespräch, dass er auf jeden Fall weitermachen wolle. Egal, wie das Urteil gegen ihn und seine beiden Mitstreiterinnen (20 und 21 Jahre alt) von der "Letzten Generation" ausgehe.
Dem Trio wird Nötigung vorgeworfen. Sie hatten am 4. Februar um 15.20 Uhr an einer Kreuzung am Isartor sehr zum Ärger einiger Autofahrer eine Fahrbahn blockiert. Luca und ein weiterer Aktivist hatten sich zu diesem Zweck auf der Fahrbahn festgeklebt. Die beiden Frauen stellten sich zu ihnen, um sie zu unterstützen.
Alle drei geben am Freitag ihre Beteiligung an der Aktion zu, gehen aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen nutzt das Trio das Forum Gerichtssaal, um in vorbereiteten und leidenschaftlichen Reden ihre Motive darzulegen.

Luca T. spricht von seiner Trauer über verloren gegangene Tier- und Pflanzenarten, über seine Wut, dass vor allem Unschuldige vom Klimawandel betroffen sind. Er spricht in dramatischen Bildern von Wetterextremen wie Dürre, Feuer und Überschwemmungen, die in Stärke und Frequenz zunehmen werden, was wiederum Menschen zur Flucht zwingen werde, und prophezeit in Sachen Klimawandel Düsteres: "Es wird noch schlimmer."
"Der Zweck heiligt nicht die Mittel"
Alle drei sind sich einig, dass die Politik nicht angemessen auf den Klimawandel reagiere. Luca T. sieht die Blockade-Aktion deshalb als "Feuermelder".
Dass die Aktivisten durchaus unterstützungswürdige Motive haben, stellt auch der Staatsanwalt nicht in Abrede. Aber: "Der Zweck heiligt nicht die Mittel." Er bleibt beim Vorwurf der Nötigung für die Verkehrsblockade und fordert für alle drei Heranwachsenden jeweils 25 Arbeitsstunden.
Die Verteidiger verlangen dagegen Freispruch, begründen dies unter anderem damit, dass es rechtfertigende Gründe für die Aktion gab.
Die Amtsrichterin nennt die Ziele der Angeklagten zwar "billigenswert". Dennoch spricht sie das Trio der Nötigung schuldig, belässt es aber bei einer Verwarnung: "Mein Job ist nicht, Politik zu machen und auch nicht, Politik zu korrigieren. Mein Job ist eine Rechtsanwendung."
Luca, Sarah und Annina werden sich von dem Schuldspruch, so hat es ganz den Anschein, nicht von weiteren "Feuermelder"-Aktionen abhalten lassen.