Prozess in München: Hat Mutter ihr Baby getötet?

Franziska M. soll das Neugeborene erstickt haben – aus Angst, dass ihr Freund Schluss macht. Vor Gericht in München erzählt sie eine andere Geschichte.  
von  Torsten Huber
Mutter und Angeklagte: Franziska M. (25) im Sitzungssaal 266 des Münchner Landgerichts.
Mutter und Angeklagte: Franziska M. (25) im Sitzungssaal 266 des Münchner Landgerichts. © dpa/Müller

Franziska M. soll das Neugeborene erstickt haben – aus Angst, dass ihr Freund Schluss macht. Sie erzählt eine andere Geschichte.

München - Immer wieder bricht Franziska M. (25) in Tränen aus, hält sich die Hände vor das Gesicht, greift zum Taschentuch und schluchzt: „Ich schäme mich so. So etwas macht man doch nicht.“ Nach den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll die Servicekraft nach einer heimlichen Geburt im Badezimmer ihrer Eltern ihr Neugeborenes erstickt haben. Jetzt steht die junge Frau wegen Mordes vor dem Landgericht München II.

In der Nacht zum 8. September 2011 wacht Franziska M. wegen starker Bauchschmerzen auf. Es sind die ersten Wehen. Sie schleicht sich auf die Toilette. „Ich ahnte schon, was kommt“, sagt die Angeklagte. „Kurze Zeit später sah ich ein Köpfchen. Ich habe den Kopf genommen, leicht bewegt und gepresst.

Aber das Kind steckte irgendwie fest.“ Minuten vergehen. Niemand im Hause merkt etwas. Dann ist es soweit: „Das Kind ist in die Toilette geplumpst. Mit einer Schere habe ich die Nabelschnur durchtrennt, den Jungen aus der Toilette geholt und am Boden auf ein Handtuch gelegt“, berichtet M.

„Er ist ganz bläulich gewesen und die Füßchen waren weiß.“ Mit einem Handtuch reibt sie den kleinen Körper ab, tupft vorsichtig das Gesicht sauber. „Das Baby hat sich nicht bewegt. Ich habe keinen Puls gefühlt. Ich habe geschaut, ob es atmet – nichts“, behauptet Franziska M. Laut Anklage soll sie das tote Baby später samt Nachgeburt in eine Plastiktüte gesteckt und im Schrank versteckt haben.

Franziska M. sagt: „Ich habe mich dann ins Bett gelegt und ständig geblutet. Ich merkte, wie ich immer schwächer wurde.“ Schließlich weckt sie ihre Mutter. Die alarmiert den Notarzt. Das Rettungsteam stellt Anzeichen einer Geburt fest. Doch die Angeklagte bestreitet dies. Ihre Monatsregel sei die Ursache. Sie kommt ins Krankenhaus Fürstenfeldbruck.

Bei der Not-Operation stellen die Ärzte schließlich sicher fest: Die Patientin hat eine Geburt hinter sich. Einen Tag später wird Franziska M. verhaftet. Die 25-Jährige hat bereits einen vierjährigen Sohn. Die Vaterschaft bleibt lange ungeklärt. Drei Männer sind damals in Frage gekommen.

Inzwischen lebt die Angeklagte mit einem neuen Lebenspartner bei ihren Eltern in Mittelstetten (Kreis Fürstenfeldbruck). „Er hat gesagt, dass ich die Frau bin, mit der er Kinder haben möchte. Nur nicht jetzt“, sagt Franziska M. Im Januar 2011 stellt sie fest, dass sie zum zweiten Mal schwanger ist.

„Meine Regel blieb aus. Niemand sollte im Moment von meiner Schwangerschaft erfahren. Ich hatte Angst, dass mein neuer Freund mit mir Schluss macht“, so Franziska M. Um den dicken Bauch zu kaschieren, stellt sie ihre Ernährung um: „Ich habe viel gegessen. Mein Vater hat immer gesagt, dass ich nicht so viel essen soll, sonst werde ich zu dick.“

110 Kilo bei zirka 1,65 Körpergröße bringt sie auf die Waage. Keiner spricht sie auf eine mögliche Schwangerschaft an. Das macht den Vorsitzenden Richter Ralph Alt stutzig. Er betont, dass sie ihre erste Schwangerschaft auch verheimlicht und damals 130 Kilo gewogen habe: „Dass Sie vor einer Geburt so zugenommen haben, hat ihre Umgebung schon mal mitbekommen.

Hat jetzt keiner reagiert?“ Die Antwort: „Nein. Da war nix.“ Verteidiger Gregor Rose stellt den Antrag, dass ein Gutachter prüfen soll, ob das Kind eine Totgeburt gewesen sein könnte. Das Urteil fällt in den nächsten beiden Prozesstagen.

 

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