Prozess in München: Eine sehr, sehr teure Leberkässemmel

Autofahrer verklagt den Freistaat, weil eine Polizistin seinen Wischer beschädigt haben soll.
John Schneider
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In zweiter Reihe parkte Peter B. nur, weil er sich schnell eine Leberkässemmel holen wollte. (Symbolbild)
In zweiter Reihe parkte Peter B. nur, weil er sich schnell eine Leberkässemmel holen wollte. (Symbolbild) © imago/CHROMORANGE

München - Die große Enttäuschung ist Peter B. (Name geändert) deutlich anzumerken. Der 84-Jährige wollte vom Freistaat Schadenersatz für einen Scheibenwischer, den eine Polizistin beim Anbringen eines Strafzettels beschädigt haben soll. Doch nach der Verhandlung gestern kommt der OLG-Senat - wie zuvor das Landgericht - zu dem Schluss, dass die Klage abgewiesen werden müsste.

Für eine Leberkässemmel parkte er in zweiter Reihe

Das war geschehen: Am 12. August 2019 hatte Peter B. seinen weißen Mercedes in zweiter Reihe am Kufsteiner Platz in Bogenhausen geparkt. Er wollte sich nur mal schnell eine Leberkässemmel beim Metzger kaufen.

Doch das dauerte länger als erwartet. Als der Mercedesfahrer nach einer Viertelstunde zurückkehrte, steckte ein Strafzettel unter einem Scheibenwischer. Der Scheibenwischer selber war abgebrochen.

Peter B. will Schadensersatz vom Freistaat

Das bemerkte Peter B. aber erst nachdem er den Zündschlüssel umdrehte und der defekte Wischer die Windschutzscheibe zerkratzte. Peter B. verlangt nun Schadensersatz vom Freistaat, da er die Polizistin für verantwortlich hält. Streitwert: 1.264 Euro.

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Der Senat will sich ein eigenes Bild machen und lässt den Mercedes im Hof des OLG vorfahren. Die Polizistin demonstriert dann, wie die Strafzettel entweder unter den Scheibenwischer gesteckt oder aber in den Wischer gesteckt werden. Gewaltanwendung ist in beiden Fällen nicht notwendig.

Der Senat glaubt ihr. Es sei jedenfalls nicht bewiesen, dass sie den Scheibenwischer abgebrochen habe. Einen Augenzeugen gibt es nicht. Und in der Viertelstunde könnte zum Beispiel ein neugieriger Passant nach dem Strafzettel gegriffen und dabei den Wischer beschädigt haben.

Auch die Berufung muss verworfen werden

Deshalb müsse die Berufung des 84-Jährigen gegen das Urteil des Landgerichts, dass seiner Klage nicht stattgegeben hatte, ebenfalls verworfen werden. Das macht der Vorsitzende Richter Thomas Steiner unmissverständlich klar. Er rät dem enttäuschten Kläger, die Klage zurückzuziehen und damit zumindest ein wenig von den anfallenden Gerichtskosten zu sparen.

Nach Rücksprache mit seinem Anwalt tut Peter B. genau das. Mit 84 habe er noch mal eine ganz neue Lebenserfahrung gemacht, sagt er. Es klingt bitter.

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12 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Ludwig aus Bayern am 08.10.2021 17:45 Uhr / Bewertung:

    Unrecht kann nicht mit Unrecht vergolten werden. Auch Sie werden noch die Erfahrung machen. Vielleicht erinnern Sie sich dann an heute.

  • Hosenband am 08.10.2021 17:30 Uhr / Bewertung:

    Ich hoffe, dass das Gericht gleichzeitig auch die Straßenverkehrsbehörde gebeten hat, die Fahrtüchtigkeit dieses originellen Herrn zu überprüfen. Die scheint ja offensichtlich nicht vorzuliegen.

  • drogenfahnder am 08.10.2021 11:28 Uhr / Bewertung:

    Schön zu sehen, wie hier bei einigen mit einem einzigen Artikel ihr geballter Anti-Auto-plus-Anti-Reichen-plus-Anti-Mercedesfahrer-Fetisch getriggert werden kann. Mission erfüllt.

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