60-Jähriger streichelt 17-Jährige am Bauch und greift ihr in die Bluse. Urteil: Neun Monate Haft auf Bewährung.
MÜNCHEN Das steht ganz sicher nicht im Schulungsplan: Fahrlehrer Hans H. (60, Namen geändert) belästigt nach
der praktischen Übungsstunde am Steuer Lena B. (17). Jetzt steht der Familienvater wegen sexueller Nötigung vor einem Münchner Schöffengericht. 27. November 2010, 16.30 Uhr: Lena B. parkt das Fahrschul-Auto am Scheidplatz in Schwabing.
Der Fahrlehrer legt den Arm um sie, streichelt sie am Bauch und greift ihr in die Bluse, begrabscht ihre Brust. Dann zieht er die Gymnasial-Schülerin ganz dicht an sich und gibt ihr einen Kuss. Die junge Frau schaut ihn wütend an, steigt aus, geht nach Hause und erzählt es ihren Eltern. Anzeige.
Strafverteidiger Stephan Tschaidse: „Mein Mandant hat ohne sexuelle Absichten gehandelt. Einen Kuss gab es nie.“ Angeblich sei es zwischen ihm und der Schülerin „gang und gäbe“ gewesen, sich beim Abschied zu streicheln.
Der Angeklagte: „Nach der praktischen Stunde mache ich immer ein Feedback. Wir reden über Fehler. Sie war sehr nervös. Ich wollte sie beruhigen, indem ich sie streichele.“ Via DVD wird die Vernehmung von Lena B. ins Verfahren eingeführt. Damit erspart man ihr den Auftritt vor Gericht.
Ein schüchternes Mädchen ist auf der Leinwand zu erkennen. Es sitzt auf einer weißen Bank, spielt aufgeregt mit den Händen. Sie beantwortet die Fragen eines Richters. Sie sagt: „Ich wusste nicht, was normal ist bei so einem Feedback-Gespräch und was nicht. Ich fand es komisch und dachte erst, es liegt an mir und das so etwas normal ist.
Er hat mich an der Schulter gepackt und zu sich rüber gezogen und gesagt, Mädel jetzt streng dich halt an. Dann gab er mir einen Kuss auf den Mund.“ Lena B. wechselt danach die Fahrschule, kommt in psychologische Behandlung. Inzwischen hat sie ihrer Führerschein. Im Plädoyer meint Tschaidse, dass für den Vorwurf einer „sexuellen Nötigung“ die „Intensität“ fehle: „Jedes Wochenende wären die Discos von der Polizei leergeräumt, wenn man bedenkt, was da alles passiert.“
Richter Robert Grain sieht in dem Vorgang ein Gewaltpotenzial. Allerdings an unterster Stelle. Urteil: neun Monate Haft auf Bewährung. 1000 Euro an eine soziale Einrichtung und 1500 Euro Schmerzensgeld an Lena B.