Unfallflucht: Frau (89) wird von umgefahrenem Schild erschlagen

Ein Autofahrer hatte beim Einparken das Verkehrsschild gerammt. Der 38-Jährige wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.
John Schneider
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Der Angeklagte und sein Anwalt Marco Noli.
Der Angeklagte und sein Anwalt Marco Noli. © Sigi Müller

München - Es war, da sind sich alle Prozessbeteiligten im Gerichtssaal A 30 des Strafjustizzentrums einig, eine Verkettung vieler unglücklicher Umstände, die zum Tod der 89-jährigen Berta G. (Namen geändert) geführt hat.

Die Frau passierte am Morgen des Nikolaustags 2019 genau in dem Moment ein Verkehrsschild in der Sendlinger Danklstraße, als ein Autofahrer beim Einparken den falschen Gang einlegte. Das gemietete Elektroauto machte einen Satz nach vorne.

Frau von Schild getroffen - drei Tage später stirbt sie

Der Wagen knickte daraufhin trotz sofortiger Bremsung ein Straßenschild um, das wiederum Berta G. am Kopf traf. Das Opfer stürzte zu Boden und blieb blutüberströmt liegen. Berta G. hatte schwere Kopfverletzungen erlitten und starb drei Tage später im Krankenhaus.

Peter B. erklärt vor Gericht, dass er die Kollision mit dem Schild zwar gespürt habe, aber: "Die Frau habe ich nicht gesehen." Er habe in dem Moment nach hinten geschaut.

Der Unfall hat eine Vorgeschichte: Damals habe er in einer Bar gearbeitet und am Abend zuvor dort viel Gin getrunken. Nach ein paar Stunden Schlaf an seinem Arbeitsplatz sei er dann morgens nach Hause aufgebrochen. Zu diesem Zweck mietete er per App ein Auto an, das in der Nähe abgestellt worden sei. "Eine Fehlentscheidung", sagt Peter B. im Gericht.

Frau von Schild erschlagen: Fahrer begeht Unfallflucht

Er sei dann vom Ostbahnhof nach Sendling gefahren und beim Einparken in der Nähe seiner Wohnung sei dann der Unfall passiert.
Peter B. machte die Sache damals aber noch schlimmer. Denn in seiner Panik wartete er nicht ab, bis die von Zeugen alarmierten Retter und die Polizei am Unfallort eintrafen und die blutende Frau versorgten, sondern ging einfach nach Hause. Drei Stunden später klingelte es an der Tür. Die Polizei hatte über den Autovermieter die Adresse des Unfallflüchtigen herausgefunden.

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Der Staatsanwalt findet die Taten "besonders verwerflich". Zum einen wegen der Unfallflucht, zum anderen weil Peter B. im September bei einer Verkehrskontrolle auf einem E-Scooter erneut mit Alkohol im Blut erwischt wurde. Der Ankläger fordert zwei Jahre und sechs Monate Haft und einen Führerscheinentzug "für immer".

Verteidiger Marco Noli hält das für überzogen und führt unter anderem das Geständnis seines Mandanten, dessen Einsicht und Therapiewilligkeit ins Feld. Eine Bewährungsstrafe sei da angemessener. Und das denkt auch die Richterin. Das Urteil: Ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung sowie drei Jahre Führerscheinentzug.

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3 Kommentare
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  • doket am 19.11.2020 13:00 Uhr / Bewertung:

    Drei Monate Führerscheinentzug für das Leben eines Menschen. Das ist so schon schlimm, aber wenn der Täter auch noch Fahrerflucht begeht und keine erste Hilfe leistet, dafür aber unter Alkohol steht, ist das nicht nach vollziehbar. Wen man mit einem Fahrzeug jemanden tötet, hat es anscheinend keine Konsequenzen.

  • DerAlteIch am 18.11.2020 21:35 Uhr / Bewertung:

    Die Bewährungsstrafe ist ja meinetwegen in Ordnung.
    Aber dass jemand dem so etwas passiert ist, und der dann trotzdem kurze Zeit später wieder alkoholisiert ein Fahrzeug führt, überhaupt irgendwann wieder einen Führerschein zurückbekommt, das verstehe ich nicht. Oft wird ja in solchen Situationen gefragt ob denn "erst jemand sterben muss" bevor mal ernsthafte Konsequenzen gezogen werden. Hier ist erstens schon jemand gestorben, und zweitens hat der Täter nachweislich nichts draus gelernt.
    Leider gilt das Recht Auto zu fahren hierzulande immer noch als eine Art Menschenrecht, das nur in ganz extremen Ausnahmefällen angetastet werden darf. Richtig wäre aber, das Recht mehrere Tonnen Stahl mit potentiell tödlicher Geschwindigkeit durch besiedeltes Gebiet zu bewegen nur denjenigen eingeräumt werden sollte, die sich dafür als in besonderem Maße geeignet erwiesen haben.

  • Radio Pähl am 18.11.2020 23:47 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von DerAlteIch

    Menschen mit natürlichem Menschenverstand würden das genauso sehen! Ich denke, das nachhaltige Fehlverhalten dieses Autofahrers hätte eine deutlich härtere Strafe gerechtfertigt - ohne ihm die Möglichkeit zu verbauen, in ein bürgerliches Leben zurückzukehren! Dass der Täter diese "Episode" schnell vergessen und verdrängt haben wird, ist sehr wahrscheinlich!

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