Prozess: Ex-Chef wegen Gehalt mit Cutter-Messer attackiert

München - Streng gläubig sei er nicht, aber "ich bin zu 70 bis 80 Prozent Muslim", erklärt Can G. (44, Name geändert). Die Antwort des Angeklagten auf die Frage des Gerichts nach seiner Religion sorgt für einen der wenigen heiteren Momente im Saal B175 des Strafjustizzentrums.
Gar nicht witzig sind die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Can G. soll laut Anklage seinen ehemaligen Arbeitgeber mit einem Messer attackiert und verletzt haben. Die Ankläger gehen von versuchtem Totschlag aus.
Der 44-Jährige auf der Anklagebank war gute zehn Monate bei einem Münchner Transportunternehmen als Lkw-Fahrer beschäftigt. Doch es gab immer wieder Unfälle mit Sachschäden. "Typische Lkw-Unfälle", erklärt Can G., die mit den größeren Abmessungen der Lkw zu erklären seien.
Ex-Chef wegen Gehalt mit Cutter-Messer attackiert
Dem Chef platzte irgendwann die Hutschnur, er kündigte dem Münchner am 15. Mai des vergangenen Jahres. Doch damit war die Sache nicht ausgestanden. Can G. verlangte die Gehaltsauszahlung für acht Urlaubstage, die ihm noch zustehen würden.
Doch der Unternehmer weigerte sich, begründete dies mit den Schäden, die Can G. mit den Unfällen angerichtet hatte. Der Kraftfahrer entschloss sich am 11. Juni, seinen Chef noch einmal mit seiner Forderung zu konfrontieren. Vier Männer begleiteten ihn zu der Aussprache.
Can G. fuhr zu dem Anwesen des Unternehmers und forderte ihn per Whatsapp-Nachricht auf, für eine Aussprache herauszukommen. Was dieser auch tat. Die beiden Kontrahenten waren zunächst alleine, die Begleiter des Angeklagten sollen sich zuerst noch im Hintergrund gehalten haben.
Nach der Auszahlung eskaliert die Situation
Nachdem der Angeschuldigte erneut vehement die Gehaltsauszahlung forderte, der Geschädigte dies jedoch ablehnte, schlug Can G. seinem Ex-Chef laut Anklage vor die Brust. Der ging nun in die Offensive, brachte Can G. zu Fall und kniete über ihm.
Can G. versuchte den Mann mit einem Faustschlag zu treffen, doch der konnte den Schlag abwehren und schlug nun seinerseits Can G. mit der Faust ins Gesicht.
Das Opfer ging davon aus, dass der körperlich unterlegene Kraftfahrer nun von ihm ablassen würde und stand auf. Das war ein Fehler. Can G. packte laut Anklage den Kopf seines Opfers und verpasste seinem Ex-Chef mit einem Cutter-Messer drei Schnittwunden am Nacken. Die Wunden bluteten stark. Der Angeklagte habe dabei den Tod des Mannes zumindest billigend in Kauf genommen.
Zeugen können die Kontrahenten trennen
Währenddessen soll er dem Unternehmer mehrfach mit dem Tod gedroht und ihn dann noch einmal ins Schulterblatt gestochen haben. Zeugen wurden auf das Geschehen aufmerksam und trennten die beiden. Can G. floh zunächst vom Tatort.
Der 44-Jährige will gestern beim Prozessauftakt nichts zur Tat sagen. Der hochverschuldete Vater zweier Jungen gibt aber bereitwillig Auskunft über seinen Lebenslauf, seinen starken Alkoholkonsum - und die Größe seines Glaubens.