Prozess: Betrog Münchner Senioren - falscher Polizist schweigt vor Gericht

Sie erschleichen sich besonders perfide das Vertrauen ihrer Opfer: falsche Polizisten. Einer dieser Betrüger muss sich seit Montag vor dem Münchner Landgericht verantworten. 
John Schneider |
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Der Angeklagte am Montag im Gerichtssaal - er schweigt zu den Vorwürfen.
Tobias Hase/dpa Der Angeklagte am Montag im Gerichtssaal - er schweigt zu den Vorwürfen.

München – Sie heißen Hildegard, Elfriede, Gerda, Hannelore oder Josef. Alte Menschen, im Telefonbuch leicht an ihren Vornamen erkennbar, sind seit Jahren beliebtes Ziel von Trickbetrügern. Dabei ist der Enkeltrick, bei dem sich der Anrufer als Verwandter ausgibt, inzwischen meist vom "falschen Polizisten" abgelöst worden.

Eine ebenso perfide wie erfolgreiche Masche. Der Schaden geht bundesweit längst in die Millionen. Und die Opfer schämen sich auch noch für ihre Naivität. Die Dunkelziffer ist deshalb nach Ansicht der Polizei sehr hoch.

Da die Drahtzieher in oft türkischen Callcentern hocken und von dort ihre Komplizen in Deutschland per Telefon steuern, ist der Zugriff schwer, sind es meist nur die Abholer der Beute, die den Fahndern ins Netz gehen. Aber manchmal haben die Ermittler auch Glück.

Im Fall von Murat S. (24) war es sogar ein doppelter Glücksfall. Zum einen tauchte am 22. Januar 2015 ein junger Mann in Begleitung seiner Mutter im Büro des zuständigen Ermittlers in München auf. Er habe seinem Onkel Murat S. als Abholer beim Abzocken alter Leute geholfen, erklärte dieser. Und packte aus.

Der zweite Glücksfall: Murat S. stellte sich. Obwohl er von dem Verfahren gegen ihn wusste, reiste er aus der Türkei nach Deutschland und kam im Februar in U-Haft. Das machte den Prozess gegen ihn erst möglich.

Das wird dem 24-Jährigen vorgeworfen

Er soll sich zwischen dem 30. Dezember 2014 und dem 13. Januar 2015 am Telefon bei seinen Opfern unter anderem als Polizist "Schmidt" ausgegeben haben. Den alten Leuten am anderen Ende der Leitung wurde weisgemacht, dass ihr Name auf einer Liste von Verbrechern stehen würde. Die hätten es auf ihre Ersparnisse abgesehen.

Viele verängstigte Senioren ließen sich täuschen, folgten den Instruktionen des "Polizisten". In einem Fall dirigierte Murat S. laut Anklage den Abholer dann zu einer Adresse in Grünwald. Das Opfer hatte dem Anrufer geglaubt und einen Stoffbeutel mit allen Wertsachen gefüllt und vor der Haustür abgestellt.

600 Euro Bargeld, 10 Krügerrand-Goldmünzen, eine Münzsammlung, ein Goldring, eine goldene Kette, ein goldenes Armband und zwei EC-Karten (Gesamtwert etwa 12.000 Euro) fielen der Bande so in die Hände.

Auftragsgemäß begann der Abholer sofort mit der Verwertung. Dabei soll er vom Ankäufer selber betrogen worden sein. Der hatte behauptet, die Goldmünzen seien nur billiges Kupfer.

33 Betrugsfälle sind angeklagt. Die Opfer der Betrüger leben in Grünwald und München. Eines der Opfer der Polizisten-Masche von Murat S. ist 94 Jahre alt und bettlägrig. Als Zeugin vor Gericht fällt sie aus.

Murat S. hat im Herbst 2015 TV-Journalisten bereitwillig ein Interview gegeben und seine Opfer noch verhöhnt. So sicher fühlte er sich damals.

Der Prozess dauert an.


Ein Anruf, warnende Worte - und ein vermeintliches Hilfsangebot: Die Masche von sogenannten falschen Polizisten funktioniert meist nach demselben Prinzip. Wie die Betrüger vorgehen, und wie Sie sich am besten verhalten, können Sie hier nachlesen!

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